Die Privatbank Edmond de Rothschild zieht einen Schlussstrich unter Verkaufsgerüchte. Mit erneuertem Management und Verwaltungsrat will die Gruppe ihre Kundenvermögen verdoppeln. Die Credit Suisse und Greensill bieten Chancen.
In einer konzertierten Kommunikations-Offensive hat Ariane de Rothschild, die Verwaltungsratspräsidentin der Privatbank Edmond de Rothschild, am Dienstag die mittelfristige Strategie der in den letzten Jahren kriselnden Bankengruppe dargelegt. De Rothschild äusserte sich gleichzeitig in der «Financial Times», in der «Neuen Zürcher Zeitung» und in der Westschweizer «Le Temps» (alle Artikel bezahlpflichtig) mit drei Botschaften.
Erstens stünde Edmond de Rothschild nicht zum Verkauf, sondern wolle im Gegenteil selber akquirieren. Zweitens bestehe das Vorhaben, mittels Akquisitionen die verwalteten Vermögen in den kommenden fünf Jahren auf rund 350 Milliarden Franken zu verdoppeln; Edmond de Rothschild will dabei offenbar auch vom Greensill-Skandal der Credit Suisse (CS) profitieren. Und drittens wird François Pauly den bisherigen CEO Vincent Taupin ablösen, während der Verwaltungsrat mit dem früheren Amundi-Chef Yves Perrier ergänzt wird.
Mit dem Tod kamen die Übernahmegerüchte
Die Ehefrau des Anfang 2021 verstorbenen Erben Benjamin de Rothschild versicherte dabei, dass die Änderungen im Management nichts mit dem Schicksalsschlag zu tun hätten, sondern einer langfristigen Nachfolgeplanung entspringen würden. De Rothschild ist seit dem Jahr 2015 Verwaltungsratspräsidentin der Bank und hat seither einige strategische Veränderungen herbeigeführt, wie die Konsolidierung der einzelnen Finanzgeschäfte und die Dekotierung von der Börse. Übernahmegerüchte waren mit dem unerwarteten Tod des 57-jährigen Benjamin wieder aufgekommen, wobei auch Julius Bär als potenzielle Interessentin genannt worden ist.
Doch an diesen Gerüchten sei nichts dran, versicherte de Rothschild. Im Gegenteil, die Gruppe wolle gerade jetzt ihre Vorteile als risikoaverse Privatbank ausspielen und reiche Kunden anziehen.
Mangel an Kontrolle, zu grosser Appetit
Ohne dies explizit zu sagen, hat de Rothschild dabei spezifisch CS-Kunden im Auge, die nach ihren Investments in die Greensill-Fonds der CS mit massiven Verlusten rechnen müssen. Über 1'000 sehr vermögende Kunden der CS sind in den Greensill-Fonds mit über 10 Milliarden Dollar investiert. Die CS will diese nach dem Kollaps des Konstrukts offenbar nicht entschädigen, sondern hofft auf Geldrückflüsse aus den verschiedenen Firmen, die von Greensill finanziert worden waren.
«Wir verfolgen per definitionem einen risikoarmen Ansatz, weil es meine Pflicht ist, das Geld unserer Kunden und das Geld meiner Familie zu schützen», sagte de Rothschild. «Einige dieser viel Aufmerksamkeit erregenden Fälle spiegeln einen Mangel an Risikokontrolle und einen zu hohen Risikoappetit.» Und Kunden seien sehr empfindlich, was Reputationsrisiken betreffe.
Banken, Asset Manager, Teams
Die Gruppe verwaltet im Private Banking und im Asset Management derzeit rund 175 Milliarden Franken Kundenvermögen. «Wir schauen uns nach Asset Managern und Privatbanken um oder auch nach Teams», sagte de Rothschild.
Mit dem früheren Amundi-CEO Perrier holt sich de Rothschild M&A-Expertise in den Verwaltungsrat. Der Franzose ist der Baumeister von Amundi, dem grössten Asset Manager in Europa. Vergangenen Monat tauschte der den CEO-Posten mit dem Sitz im Präsidium.
Derweil geht der CEO von Edmond de Rotschild Vincent Taupin in den Ruhestand. Sein Nachfolger Pauly sass bereits in verschiedenen Verwaltungsräten von Einheiten der Bankengruppe und war auch CEO der Banque International à Luxembourg (BIL) sowie Chairman. Die bisherige Stellvertreterin von Taupin, Cynthia Tobiano, wird stattdessen CEO der Edmond de Rothschild Holding, in welcher neben den Bankgeschäften auch die Aktivitäten in der Hotellerie, im Wein- und im Käsegeschäft vereint sind.