Die unabhängigen Vermögensverwalter sind hierzulande höchst lebendig und suchen Personal – doch Private Banker finden oft nicht ins Metier. Zwei Ex-Kader der Grossbank Credit Suisse wollen dies ändern.
«Wir sind das Parship für Private Banker und unabhängige Vermögensverwalter»: Mit dieser Ansage hat Reto Hossli die Aufmerksamkeit seines Publikums auf sicher. Dabei bewegt er sich in einem höchst diskreten Business. Zusammen mit seinem Geschäftspartner Daniel Renner betreibt der Ex-Banker seit vergangenem Herbst das Startup DR-RH in Zürich. Dessen Geschäftszweck: Private Banker an Vermögensverwalter zu vermitteln, sowie Vermögensverwalter zusammenzuführen.
Netz im Banking geknüpft
Das ist auch in Zeiten von Corona möglich, wie Hossli im Gespräch mit finews.ch ausführt. Während ihres kurzen Bestehens habe die Firma bereits diverse Private Banker «matchen» können.
Dazu stützen sich Hossli und Renner auf ein über drei Dekaden gewachsenes Beziehungsnetz: Nacheinander waren die beiden Firmengründer bei der Credit Suisse (CS) zuständig fürs Geschäft mit den unabhängigen Vermögensverwaltern in der Schweiz; Hossli hat die Grossbank vor gut anderthalb Jahren verlassen.
Wandel gewinnt an Tempo
Für den Ex-Banker ist klar, dass sowohl das Private Banking wie auch die Finanz-KMU in der Vermögensverwaltung einen tiefgreifenden Wandel durchlaufen, der sich mit den neuen Finanzrichtlinien Fidleg und Finig in der Schweiz noch beschleunigt hat. Laut einer Branchenstudie waren im Jahr 2017 rund 2'500 Einzelfirmen mit Gesamtvermögen in der Höhe von 400 Milliarden Franken hierzulande tätig. Während die einen schnell wachsen, werden die anderen Opfer der Konsolidierung. Interviews mit Dutzenden grossen und mittelgrossen unabhängigen Vermögensverwaltern am Platz haben Hossli in dieser Sichtweise bestätigt.
In den Umwälzungen der Branche gibt es aber auch Konstanten, wie der einstige CS-Mann festhält: «Gute Private Banker sind überall gefragt.» Das gelte, so Hossli, auch für die unabhängigen Vermögensverwalter. Nur: Banker und Finanz-KMU finden sich nicht, die Durchlässigkeit zwischen den Bereichen ist gering. Ausser, man kennt wen.
Geheime Gespräche
«90 Prozent der Wechsel von Privatbanken zu unabhängigen Vermögensverwalter beruhen auf bestehenden Beziehungen», berichtet Hossli. Das bedeutet umgekehrt, dass alle Banker, die bei den Unabhängigen keine Ex-Kollegen haben, den Weg in dieses Metier umso schwerer finden. Denn sowieso machen es die Finanz-Boutiquen Stellensuchenden nicht leicht. Ihre schiere Zahl und die praktizierte Diskretion sorgen für Intransparenz. «Private Banker wechseln meist von Bank zu Bank», fasst Hossli das Resultat zusammen.
Die Methode von Renner und ihm soll das ändern. Ihre Firma führt mit beiden «Seiten» strukturierte Interviews, die der Geheimhaltung unterliegen. Anhand der Aussagen werden Profile erstellt. Auf deren Basis nimmt DR-RH das Matching vor. So ähnlich wie bei Parship eben.
Der Sprung vom Private Banking zum unabhängigen Vermögensverwalter sieht Hossli dabei nicht als Abstieg. Im Gegenteil. «Das Regulierungs-Korsett und der Verkaufsdruck im Banking nimmt weiter zu.» Das führe bei Bankern zu neuer Offenheit gegenüber Jobs ausserhalb der Bank.
Anspruch auf die Hälfte des Ertrags
Nicht zuletzt für Ü50-Kundenberater ist ein Wechsel interessant, da die Geldhäuser sich in den letzten Jahren den teureren und aufmüpfigeren älteren Jahrgängen zunehmend zu entledigen suchten.Unabhängige Vermögensverwalter bieten hier sowohl die Möglichkeit, schrittweise kürzer zu treten, als auch über das Pensionsierungsalter hinaus aktiv zu bleiben.
Ebenfalls, betont Hossli, erweise sich die Bezahlung bei den Unabhängigen durchaus attraktiv. Zwar seien die Fixlöhne gegenüber dem Banking tiefer. Dafür könnten die bei Vermögensverwaltern tätigen Private Banker im Schnitt 50 Prozent des Bruttoertrags auf der Portfolio-Rendite für sich beanspruchen. Bei einem Buch von 100 Millionen Franken und 1 Prozent Performance sind dies immerhin 500’000 Franken.
Daumenregel für den Vermögens-Transfer
Vorausgesetzt, man bringt ein solches Buch mit: Die Aussicht auf neue Kundengelder ist im Banking wie auch bei den unabhängigen Vermögensverwaltern der Hauptgrund, einen Private Banker zu engagieren. Als Daumenregel gilt laut Hossli: Je länger und enger ein Berater seine Klientel betreut, desto grösser die Chancen, deren Gelder bei einem Wechsel mitzunehmen.
An Wechselwilligen mangelt es offenbar nicht. Die beiden Firmengründer begleiten derzeit diverse Pläne von Vermögensverwaltern, die sich in der Schweiz noch weiter ausdehnen möchten. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Deutschschweiz, wobei DR-RH in Kürze durch eine Person ergänzt wird, mit der das Jungunternehmen sein Netzwerk hinein in die Privatbanken zu erweitern hofft.