UBS und Credit Suisse bezeichnen sich gerne als Privatbank für Milliardäre. Doch das Zukunftsgeschäft im Wealth Management liegt woanders. Die US-Banken machen es vor.
Es ist ihr erster Streich: Jane Fraser, die designierte Chefin der Citigroup mit dem Auftrag, die US-Grossbank zu transfomieren, legt das Private Banking mit superreichen Kunden und die Einheit für die Affluent-Kundschaft zusammen. Milliardär trifft auf Sparer – im Schweizer Private Banking wäre das nicht denkbar.
Doch Fraser sieht das anders. Die Erweiterung der Kundenbasis für ein Gesamtspektrum von Dienstleistungen soll zu früher beginnenden und länger anhaltenden Beziehungen führen – und schliesslich zu höheren Erlösen.
«Das Wealth Management als wesentliches Differenzierungsmerkmal und als Quelle für höhere Erträge wird der Schlüssel unserer künftigen Strategie sein», schrieben Fraser und Noch-CEO Michael Corbat in einem Memorandum an die Mitarbeiter, das dem «Wall Street Journal» (Artikel bezahlpflichtig) vorliegt.
Goldman Sachs will die bestraften Sparer abholen
Das Vorhaben von Fraser – sie leitete bei der Citi schon das Private Banking und zuletzt das Retailgeschäft – entspringt einer Notwendigkeit. Günstige Online-Trader und Wealth-Management-Fintechs haben den Zugang zu den Anlagemärkten demokratisiert. Die traditionellen Finanzinstitute drohen mit ihren klassischen Filial- und Beratungsmodellen den Kontakt zur jungen, digital-affinen Kundschaft zu verlieren. Ihre Kundenstruktur veraltet.
Ausserdem sind die Sparer dieser Welt von der Geldpolitik bestraft: Geld auf dem Konto liegen lassen, ist ein Verlustgeschäft. Anlegen ist das neue Sparen, geht darum die Devise.
Goldman Sachs führt die Entwicklung an
Goldman Sachs hat dies auch erkannt und geht noch radikaler ans Thema heran: Die amerikanische Investmentbank lanciert mit Marcus Invest eine App, auf der Kunden bereits ab 1'000 Dollar investieren können.
Goldman Sachs' Pläne können als Vorzeigebeispiel für den Wandel im Banking und insbesondere im Private Banking gelten. Goldman Sachs galt bislang als Wall-Street-Bank, welche die Gnade walten liess, auch UHNW-Kunden zu bedienen, sofern diese dem Dealflow in der Investmentbank förderlich waren.
Weil die Regulatoren nach der Finanzkrise den Handel mit Fixed-Income-Produkten massiv eingeschränkt haben, musste auch Goldman Sachs umdenken. Die Investmentbank hat in den letzten Jahren zig Milliarden Dollar in Technologie investiert. Dies unter anderem mit dem Ziel, Vermögensverwaltung anzubieten, die das Kundenspektrum der UHNW abdeckt bis zur riesigen amerikanischen Mittelschicht, die Alterskapital ansparen muss.
Technische Infrastruktur nicht ausgelastet
Diese Mittelschicht war für die beiden grössten Schweizer Wealth Manager UBS und CS lange eher eine Milchkuh als Potenzial, das gezielt bearbeitet wurde. Doch ist es für die Grossbanken zu teuer geworden, persönliche Beratungsdienstleistungen in diesem Segment zu erbringen. Entsprechend ist die Anlageberatung produktlastig – und führte gerade in der Finanzkrise zu starken Verlusten.
Initiativen, das Affluent-Geschäft zu beleben, hat es gegeben. So wollte die UBS ihr digitales Beratungstool «Advice» für europäische Affluent-Kunden zugänglich machen, um «personalisierte und digitalisierte» Dienstleistungen zu erbringen und um in einem Massengeschäft Skaleneffekte erzielen zu können, wie vor sechs Jahren Ramin Fatemieh gegenüber finews.ch sagte.
Fatemieh war damals Leiter Affluent Europe im Wealth Management der UBS. Inzwischen ist er nicht mehr auf dem Posten. Die UBS Europe schrieb in ihrem Geschäftsbericht von 2019, sie sei weiterhin daran, eine Affluent-Strategie zu entwickeln. Gerade für die UBS Europe wäre Skalierung enorm wichtig, sitzt sie doch auf einer Infrastruktur, die Milliarden gekostet hat, aber bei weitem nicht ausgelastet ist.
Margen folgen den Plänen nicht
Die CS verfolgt seit gut einem Jahr im International Wealth Management eher einen Ansatz, der jenem von Frasers Vorhaben mit Citi gleicht. In der von Raffael Gasser geführten Einheit Private Banking International sind Affluent-Kunden (ab rund 250'000 Franken) mit HNW-Kunden mit Vermögen von bis zu 20 Millionen Franken vereint.
Technologie-basierte Prozesse und Beratung sollen hier dazu führen, Kunden besser zu bedienen und möglichst hohe Margen zu erzielen. Gelungen ist das bisher nicht. Die Margen im internationalen Private Banking sind in den ersten drei Quartalen 2020 im Vergleich zu 2019 deutlich gesunken. Mit CSX lancierte die CS zudem ein Banking-Angebot, für das Pläne bestehen, via Smartphone auch Investments tätigen zu können.