Das britische Fintech Revolut startete, um Banken das Fürchten zu lehren. Nun demonstriert das Multi-Milliarden-Startup in der Coronakrise eindrucksvoll, wie man nicht nur Chancen verpasst, sondern auch Kunden vergrault.
Die Kakophonie rund um die britische Digitalbank Revolut ist dieser Tage wieder um ein paar Takte länger geworden. So hat das Unternehmen seinen Gratis-Kunden per Mail eröffnet, dass die Tage gezählt sind, die Revolut-Dienste gänzlich umsonst nutzen zu können.
«Wir haben mit Tausenden von Ihnen darüber gesprochen, wie wir Ihnen helfen können, noch mehr aus Ihrem Geld herauszuholen», so die Einleitung des finews.ch vorliegenden Schreibens. Dabei handelt der Rest der Nachricht vielmehr davon, dass Revolut mehr Geld aus seinen Kunden herausholen möchte.
Bis zu 6 Franken pro Überweisung
Darum führt das Unternehmen ab dem 12. August mehrere Geldwechselgebühren ein. So kostet eine Überweisung ins Ausland ab dann 1 Franken, wenn sie in der jeweiligen Landeswährung ausgeführt wird, 4 Franken, wenn die Zahlung in Dollar ausgeführt wird, und 6 Franken, wenn sie nicht in Dollar ausgeführt wird, also wenn zum Beispiel britische Pfund nach Brasilien verschickt werden.
Gleichzeitig wird die Limite für kostenlose Geldwechselaufträge auf 1'250 Franken reduziert und die prozentuale Gebühr für Aufträge am Wochenende von 0,5 Prozent auf 1 Prozent erhöht.
Gründer auf Abwegen
Damit wird das Unternehmen einen beachtlichen Teil der Kundschaft verärgern. Denn die grosse Mehrheit der Revolut-Kunden hat die Neobank vor allem für Auslandszahlungen benutzt, weil die Kosten dafür viel tiefer als bei anderen Banken und Kartenanbietern sind und kaum Gebühren anfallen.
Dass das Unternehmen jetzt Gebühren für Dienstleistungen einführt, die sie bisher immer als kostenlos angepriesen hat, entbehrt nicht einer gewissen Ironie, da solche Aktionen eigentlich eher von traditionellen Banken und nicht von einem Fintech zu erwarten wären. Die Gründer von Revolut hatten ihr Startup genau aus solchen Gründen und Bankpraktiken ins Leben gerufen.
Abbau und Exodus
Der Moment, in dem sich die Digitalbank entschlossen hat, diesen Schritt zu kommunizieren, könnte ungünstiger nicht gewählt sein. Die Coronakrise gilt als Trendverstärker zu digitalem Banking. Revolut hat zwar aufgrund des Einbruchs im internationalen Reiseverkehr Ertragseinbrüche erlitten, gab sich bislang aber kampfesmutig und robust.
Revolut-Chef Nikolay Storonsky prahlte noch vor wenigen Wochen, Revolut sei dank einer kürzlich abgeschlossenen Finanzierungsrunde gerade «reich an Bargeld» und denke über Akquisitionen nach. Kurz zuvor hatte Revolut, wie von finews.ch berichtet, mehr als ein Dutzend Kaderangestellter verloren, nachdem ein Abbau von 60 Stellen angekündigt worden war.
Fragwürdige Wege zur Profitabilität
50 weitere Stellen sollen laut einem Bericht des Online-Magazins «Wired» in Polen und Portugal abgebaut werden. Dies zum Teil unter fragwürdigen Umständen: So berichten ehemalige Angestellte der Digitalbank, sie seien ohne Vorankündigung ins Büro des Vorgesetzten zitiert und vor die Wahl gestellt worden, entweder selber zu kündigen oder entlassen zu werden.
Gleichzeitig soll das Unternehmen die verbleibenden Mitarbeiter mehr oder weniger gezwungen haben, einen Teil ihres Gehalts der letzten Monate in Aktien zu beziehen.
Die Konkurrenz holt auf
Mit diesen Methoden versucht Revolut, sein Ziel zu erreichen, bis zum Ende dieses Jahres in die schwarzen Zahlen zu kommen. Diesem Ziel dürfte die Coronakrise, von der Revolut im Gegensatz zu anderen Payment-Fintechs nicht profitieren konnte, wohl einen Strich durch die Rechnung.
So hat zum Beispiel der Schweiz-Chef des Revolut-Konkurrenten N26 gegenüber finews.ch erklärt, in der Krise habe sich das Verhalten von vielen Kunden vom Bargeld weg und hin zum mobilen Banking verlagert. Revolut hat diese Chance allem Anschein nach nicht nutzen können.