Natürlich sei die Kompensation wichtig, sagt LGT-Schweiz-Chef Heinrich Henckel im Interview mit finews.ch. Dabei zähle vielleicht weniger die absolute Höhe, als das Gefühl einer gewissen Fairness und die Möglichkeit, den Lohn durch gute Leistung beeinflussen zu können.


Herr Henckel, in vielen Schweizer Banken ist das Frustrationspotenzial sehr hoch. Was sind aus Ihrer Sicht die Ursachen, dafür?

Die Bankenbranche spürt immer noch die Auswirkungen der Finanzkrise: Kostendruck, tiefere Margen und Erträge, Stellenabbau, und laufend neue Reorganisationen verunsichern die Mitarbeitenden.

Viele von ihnen sehen ihre Entwicklungsperspektiven beeinträchtigt. Zudem ist der Eindruck entstanden, dass der Anpassungsdruck der vergangenen Jahre primär von der Basis getragen werden musste.

Glauben Sie, dass sich in den nächsten Jahren insgesamt etwas zum Besseren wenden wird?

Die Konsolidierung im Private Banking ist bereits recht weit fortgeschritten, und viele Institute stehen heute wesentlich fitter da. Gerade die Digitalisierung bietet auch Chancen.

«In den Boomjahren haben wir nie übertrieben»

Sie hilft uns, die Kundenberater von administrativem Aufwand zu entlasten und die Prozesseffizienz zu erhöhen. Solche Entlastungen wirken sich positiv auf die Mitarbeiter-Zufriedenheit aus.

Die LGT Bank Schweiz wurde kürzlich als vorbildliche Arbeitgeberin ausgezeichnet. Machen Sie etwas anders als Ihre Mitbewerber?

Trotz unseres starken Wachstums in den vergangenen Jahren sind wir ein überschaubares Familienunternehmen geblieben. Die LGT befindet sich seit fast 90 Jahren im Besitz des Fürstenhauses von Liechtenstein und wird seither von Mitgliedern der Familie geführt.

Seit zwanzig Jahren verfolgen wir konsequent die gleiche Strategie und haben Kontinuität im Management und in der Belegschaft. Man kennt sich, die Entscheidungswege sind kurz und der unternehmerische Spielraum ist gross. In den Boomjahren vor der Finanzkrise haben wir nicht übertrieben.

«Wichtig ist uns auch die Integrität auf allen Ebenen»

Wir sind mit Augenmass gewachsen, bei Akquisitionen und Teamzugängen haben wir uns jeweils vor allem die Frage gestellt, ob die neuen Mitarbeitenden zu uns passen und in unsere Unternehmenskultur integriert werden können. Wir können unseren Mitarbeitenden deshalb Sicherheit bieten, auch mit Blick auf die Beständigkeit des Unternehmens.

An welchen Werten und Prinzipien orientieren Sie sich dabei?

Zentral ist unsere langfristige und unternehmerische Ausrichtung. Sie gibt unseren Mitarbeitenden Sicherheit und Entwicklungsperspektiven. Wichtig ist uns auch die Integrität auf allen Ebenen, der Gedanke der Nachhaltigkeit und der massvolle Umgang mit Risiken.

«Trotz ihrer Erfolge hat die Eigentümerfamilie nie die Bodenhaftung verloren»

Wir zeichnen uns durch einen respektvollen Umgang miteinander aus und pflegen ein besonderes Zugehörigkeitsgefühl innerhalb der LGT. Das Beratungsunternehmen «Great Place to Work» hat uns eine ausgesprochen starke Vertrauenskultur bescheinigt.

Wer legt diese Vorgaben fest – die Eigentümerfamilie?

Unsere Unternehmenskultur wird täglich von unseren Mitarbeitenden und unserem Management geprägt. Als Gruppen-CEO und Mitglied der Fürstenfamilie spielt Prinz Max von Liechtenstein eine wichtige Rolle hierbei. Das Fürstenhaus sieht auf eine lange, sich über mehrere Jahrhunderte erstreckende Erfolgsgeschichte als Unternehmerfamilie zurück.

Trotz ihrer Erfolge hat die Eigentümerfamilie nie die Bodenhaftung verloren; die Familienvertreter in der Bank verfügen über ein starkes Netzwerk in der Belegschaft und sind für Kunden und Mitarbeitende zugänglich. Dieses Vorbild strahlt natürlich auch auf die Unternehmenskultur aus.

Was erwarten Sie umgekehrt von Ihren Mitarbeitenden?

Unsere Mitarbeitenden sollen sich mit unseren Werten identifizieren können und eine unternehmerische Grundeinstellung mitbringen. Gleichzeitig legen wir grossen Wert auf den Teamgedanken und auf Teamerfolge.

«Der demografische Wandel verschärft den Kampf um Talente erheblich»

Wir suchen keine überehrgeizigen Einzelkämpfer, die nur ihren eigenen Erfolg im Fokus haben, sondern unternehmerisch eingestellte Teamplayer, die kundenorientiert sind und gleichzeitig über ein gesundes Risikobewusstsein verfügen.

Muss eine Bank heute entgegenkommender sein als früher, um gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden und zu halten?

Gute Mitarbeitende sind gesucht und werden von den Banken umworben. Der demografische Wandel verschärft den Kampf um Talente. Wir setzen dabei auf unsere traditionellen Stärken: eine familiäre Unternehmenskultur, die zu einer hohen Mitarbeiterloyalität führt.

«Natürlich ist die Kompensation wichtig»

Wichtig finde ich auch, dass man den Mitarbeitenden ehrliche Wertschätzung für die geleistete Arbeit entgegenbringt und ihnen attraktive Möglichkeiten zur Weiterentwicklung bietet.

Zählt letztlich nicht einfach der Lohn, um als vorbildliche Arbeitgeberin dazustehen?

Natürlich ist die Kompensation wichtig. Dabei zählt vielleicht weniger die absolute Höhe, als das Gefühl einer gewissen Fairness und die Möglichkeit, den Lohn durch gute Leistung beeinflussen zu können. Unsere Erfahrung zeigt aber, dass die Unternehmenskultur und Arbeitsatmosphäre mindestens ebenso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger sind.

Welche Rolle spielen sogenannte «Fringe Benefits»?

Fringe Benefits sind eher ein Hygienefaktor, das heisst sie sind Teil des Gesamtpakets und werden häufig als selbstverständlich wahrgenommen. Für die Mitarbeiter-Zufriedenheit sind sie nicht entscheidend. Allerdings kann es zu Unzufriedenheit führen, wenn sie gestrichen werden.

Was sind die nächsten Massnahmen, um als Arbeitgeberin weiter attraktiv zu sein?

Man kann immer noch besser werden. Aus dem Austausch auf verschiedenen Mitarbeiterstufen ergeben sich immer wieder neue Ideen, wie wir die Unternehmenskultur stärken können. So möchten wir den Austausch mit Vertretern der Eigentümerfamilie verstärken, zum Beispiel durch CEO-Luncheons.

Sehr geschätzt wird auch die neu eingeführte Möglichkeit für Mitarbeitende, bei einem Besuch in Wien das geschichtliche und kulturelle Erbe der Fürstenfamilie näher kennenzulernen.


Heinrich Henckel ist seit April 2013 Chief Executive Officer (CEO) der LGT Bank (Schweiz). Er studierte an der Universität Freiburg Rechtswissenschaften promovierte dort auch. Nach mehreren Jahren Anwaltstätigkeit in Hongkong, Indonesien und in der Schweiz war er bei der Schweizer Börse in Zürich und London tätig, 2001 bis 2008 als deren CEO. Im Frühling 2009 stiess Henckel zur LGT, wo er zunächst als Mitglied der Geschäftsleitung für die Schweizer Standorte der LGT und Kunden aus Westeuropa verantwortlich war. Die LGT Bank (Schweiz) beschäftigt gut 500 Personen und verwaltet Vermögen in der Höhe von rund 35 Milliarden Franken.