Es sei im Verständnis der Finma offensichtlich überflüssig, gegen jemanden vorzugehen, der nicht länger in der Branche tätig sei «und somit keine Gefahr mehr für die beaufsichtigten Institute darstellt.»
Korrektes Vorgehen in Frage gestellt
Besonders stossend findet Rüedi zudem, dass die Öffentlichkeit nun nie erfahren werde, «ob und in welchem Ausmass Vincenz gegen aufsichtsrechtliche Regeln verstossen hat.» Es gelte zwar die Unschuldvermutung, so der Bankier weiter. «Trotzdem stellt sich meines Erachtens die Frage, ob dieses Vorgehen für die Vergangenheit korrekt ist.»
Rüedi zieht dann den Fall des früheren CEO der Bank Coop, Andreas Waespi heran. Diesen hatte die Finma 2014 mit einem dreijährigen Berufsverbot belegt, weil er den Aktienkurs manipuliert hatte.
Persönliche Bereicherung?
Den feinen Unterschied zum Fall Vincenz hebt Rüedi wie folgt hervor: Waespi habe sich persönlich nicht bereichert. «Da zeigt die Beendigung des Enforcement-Verfahrens gegen Vincenz ein konträres Bild. Das kann doch nicht wahr sein!»
Rüedi spricht es zwar nicht aus, doch unterstellt er Vincenz persönliche Bereicherung. Vielleicht weiss der Basler Privatbankier mehr als die Öffentlichkeit. Rüedi war für finews.ch nicht erreichbar, er weilt in Australien.
Mittlerer Tabubruch
Klar ist aber: Seine Abrechnung mit Vincenz zielt klar darauf, dass diese auch die Öffentlichkeit erreicht. Damit bricht Rüedi allerdings ein auf dem Schweizer Finanzplatz ungeschriebenes Gesetz, nicht öffentlich gegen Vertreter der eigenen Branche herzuziehen.
Nur ganz wenige Banker haben dies vor ihm getan: Konrad Hummler, der streitlustige Chef der untergangenen Bank Wegelin, hatte bei Ausbruch der Finanzkrise in seinen Anlagekommentaren und viel beachteten Auftritten mehrfach die UBS aufs Korn genommen und mit seiner Forderung, das Investmentbanking abzuspalten, für internationale Schlagzeilen gesorgt.
Giftpfeile im Kontext
Für hohe Wellen und allerorten beleidigte Banker hatte wenige Jahre zuvor auch Hans J. Bär gesorgt, als er in seinem Buch «Seid umschlungen, Millionen», schrieb, das Bankgeheimnis habe die hiesigen Banker «fett, aber impotent» gemacht.
Und nun also Rüedi, der ebenfalls gegen einen früheren «Riesen» des Schweizer Finanzplatzes schiesst. Die auch gegen die Finma gerichteten Giftpfeile sind in einem Kontext zu sehen, in dem der Berufsstand des privathaftenden Privatbankiers auszusterben droht. Die Finma macht es mit ihrem Regulierungsdruck immer schwieriger, das Geschäftsmodell der teilhabenden Bankiers aufrecht zu erhalten, wie praktisch alle Vertreter dieses Metiers beklagen.
Einwandfreie Geschäftsführung in Abrede gestellt
Der Tradition entspricht es und dem persönlichen Risiko ist es geschuldet, dass mit ihrem Privatvermögen haftende Bankiers wie Rüedi die Gewähr der einwandfreien Geschäftsführung als oberstes Gebot betrachten. Aus Rüedis Schreiben geht hingegen deutlich hervor, dass er – trotz Unschuldsvermutung – eine einwandfreie Geschäftsführung bei Vincenz in Abrede stellt.
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