Die Schweiz hat den erleichterten Marktzugang für ihre Banken nach Deutschland hart erkämpft. Doch kein Institut wollte bis anhin das Abkommen nutzen. Das ändert sich jetzt, wie Recherchen von finews.ch zeigen.
Es ist ausgerechnet eine Privatbank aus der Zentralschweiz, die sich zuerst über die Grenze traut. Die Bank Reichmuth & Co (Bild unten) hat als erstes schweizerisches Institut die erleichterte Freistellung in Deutschland erreicht. Dies bestätigte das Luzerner Unternehmen in Familienbesitz gegenüber finews.ch.
Wie es weiter hiess, hat die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-Aufsicht (Bafin) bereits im vergangenen September dem Gesuch von Reichmuth stattgegeben. Der Privatbank darf damit auf deutschem Gebiet frei um Vermögensverwaltungs-Kunden werben und mit den dortigen Instituten konkurrieren.
Andere Banken ziehen an
Noch mehr: Der Vorstoss der Luzerner könnte nun das Eis bei anderen Geldhäusern brechen. Wie weitere Recherchen ergeben haben, versuchen bis zu sechs weitere Schweizer Banken, die erleichterte Freistellung zu erhalten.
Verwunderung bei der Bafin
Doch der Reihe nach. Der freie Marktzugang nach Deutschland war jahrelang eine zentrale Forderung der hiesigen Geldhäuser gewesen. Nach zähen Verhandlungen hatte Deutschland im Sommer 2015 dann tatsächlich die Grenze geöffnet. Doch es blieb still im Swiss Banking, wie auch finews.ch berichtete. Bei der Bafin wunderte man sich über das mangelnde Interesse an der erleichterten Freistellung.
Wie ist die ungewöhnliche Zurückhaltung zu erklären? Zumal die Branche ja weiterhin bei jeder sich bietenden Gelegenheit «gleich lange Spiesse» im Ausland fordert.
Rabiates Vorgehen
Kenner der Freistellungs-Frage berichteten, dass bei vielen Privatbanken die Schwarzgeld-Thematik hemmend wirke. Diverse Institute sind diesbezüglich noch im Visier von deutschen Finanzämtern – auch nach Inkrafttreten des Automatischen Informationasaustauschs (AIA) Anfang 2017.
Anderen Bankern steckt noch das rabiate Vorgehen der deutschen «Kavallerie» während des Steuerstreits in den Knochen.
Den Deutschen die Bücher öffnen?
Zudem: Mit der Freistellung erhält die Bafin theoretisch die Möglichkeit, Prüfer zu Schweizer Banken zu schicken. Den «Deutschen» die Bücher öffnen – diese Vorstellung weckt neue Ängste im Swiss Banking.
«In der Branche stellen wir weiterhin eine gewisse Zurückhaltung fest gegenüber der Freistellung», sagt Jürg Staub, der CEO der Privatbank von Reichmuth & Co. Für das Institut war das Geschäft mit deutschen Mittelständlern allerdings immer schon bedeutend. Entsprechend haben die Luzerner von Anfang an auf die Freistellung gedrängt.
Beträchtliche Kosten
«Wir hoffen nun, in Deutschland mit anderen Banken offen konkurrieren zu können», sagt der Reichmuth-Banker. «Der formell abgesicherte Status sollte uns auch helfen, Kundenberater anzuziehen.»
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