Die Vorwärtsstrategie von Helvetia sorgt für Unruhe
Sparprogramm, Stellenabbau und gleichzeitig ehrgeizige Wachstumsziele, dazu Gerüchte über einen Verkauf des Deutschlandgeschäfts: Es ist einiges los bei Helvetia. Wo führt dieser Umbruch hin?
Fast 14'000 Mitarbeitende und über 7 Millionen Kundinnen weltweit: Die Helvetia-Gruppe ist ein grosses Tanker, das durch die Weltmeere des Versicherungsgeschäfts navigiert. Unter den rund 4000 Mitarbeitenden der Helvetia Schweiz ist über den Jahreswechsel Verunsicherung aufgekommen, nachdem bekannt wurde, dass als Folge eines 200 Millionen Franken schweren Effizienzprogramms bis in drei Jahren 500 Stellen gestrichen werden.
Die neue Strategie, die Konzernchef Fabian Rupprecht Ende vergangenen Jahres vorstellte, hat für Unruhe gesorgt – ehrgeizige Ziele wurden verlautet, letztlich hat die Führung vor allem eines im Blick: profitableres Wachstum.
Helvetia-CEO Fabian Rupprecht. (Bild: zVg)
Führungriege ist jünger und internationaler
Kehrt der CEO, der seit Herbst 2023 am Ruder ist, mit eisernem Besen? Nein, meint Simon Fössmeier, Aktienanalyst für Versicherungen bei der Bank Vontobel. «Interessant ist, dass Fabian Rupprecht rund die Hälfte seines Management-Teams erneuert hat, da viele bereits kurz vor dem Rentenalter waren. Er hat die Führungsriege verjüngt und internationalisiert.»
Fössmeier schliesst daraus, dass Rupprecht viel vorhat. «Das sehe ich aber als positiven Punkt», so Fössmeier. Ihn als Aufräumer zu bezeichnen, sei falsch. «Die Helvetia ist kein Sanierungsfall, obwohl es einige Bereiche gibt, bei denen Handlungsbedarf besteht. Da agiert der CEO wohl eher als Optimierer.»
Auslandgeschäft ist wenig profitabel
Dazu passt das Gerücht, dass Helvetia das Deutschlandgeschäft abstossen will. «Es stimmt, dass da letztes Jahr kein Geld verdient wurde», sagt Simon Fössmeier. Deshalb stelle sich die Frage, ob das Engagement Sinn mache.
Die Helvetia Gruppe, die in Österreich, Spanien, Frankreich, Italien und Deutschland tätig ist, schreibt nicht überall Gewinn. Auch die Marktstellung ist, abgesehen von Spanien, in den meisten Ländern wenig berauschend.
Opfert Helvetia Italien?
Insbesondere in Deutschland geht das allerdings vielen Versicherern so. Es besteht ein hart umkämpfter Markt, in dem es schwierig ist, Geld zu verdienen. «Das Deutschlandgeschäft aufzugeben wäre sicher eine Möglichkeit, als dringend sehe ich diese Massnahme aber nicht», mutmasst Simon Fössmeier. Er könne sich auch vorstellen, dass in Italien genau geprüft wird, ob sich dieses Engagement für die nächsten Jahre noch auszahlt.
Der Fokus liegt auf den Stärken
Trotzdem will Helvetia ihre internationale Präsenz verstärken. Welche Risiken beinhaltet diese Strategie? Neue Länder hinzuzufügen mache wenig Sinn, meint Simon Fössmeier. «Ich gehe eher davon aus, dass man sich dort verstärken will, wo man bereits einigermassen gut unterwegs ist, etwa in Spanien, wo Helvetia immerhin in den Top Ten liegt.»
Fabian Rupprecht, der vorher bei der holländischen NN Group tätig war, machte sich einen Namen als wohl überlegter Käufer und Verkäufer von kleinen Portfolios. «Ein Manager, der auch verkauft und nicht dem Grössenwahn verfällt, gefällt mir», so die Einschätzung des Analysten.
Das Profil ist mittlerweile geschärft
Lange Zeit war bei Helvetia nicht ersichtlich, wofür das Unternehmen eigentlich steht. Das sei nun klarer geworden, sagt Simon Fössmeier. «Ein Standbein stellt das europäische Retailgeschäft dar, das andere ist das Speciality-Lines-Geschäft.»
Das Unternehmen will zudem die Kundennähe stärken. «Helvetia hat beispielsweise die Generation ü50 als Zielgruppe, was im Versicherungsgeschäft selten ist. Aus meiner Sicht eine gute Idee, da diese über Geld verfügen, mit dem sie sich Versicherungsprodukte leisten können.»
Ebenfalls positiv schätzt der Analyst das Bekenntnis zum Sparen ein. «Es ist vielleicht schon ein bisschen länger her, seit sich Helvetia die Kostenseite genauer angeschaut hat. Aber das tut die Konkurrenz auch, deshalb ist es nicht so aussergewöhnlich.»
Helvetia präsentiert am 6. März 2025 die Jahresergebnisse 2024.