Im Jahr 2016 zog der 1MDB-Skandal auch das Swiss Banking in seinen Strudel. Die Affäre um den malaysischen Staatsfonds kostet einem hiesigen Institut die Existenz, Ex-Banker wanderten ins Gefängnis.
Schon im Dezember 2015 hielt die 1MDB-Affäre die Schweizer Behörden in Atem. Damals leiteten sie Ermittlungen gegen zwei hochrangige Funktionäre des malaysischen Staatsfonds ein und blockierten Beträge in zweistelliger Millionenhöhe auf Schweizer Bankkonti. Der Verdacht: Korruption und Geldwäscherei.
Dabei sollte es nicht bleiben. Im Malaysia machte Premierminister Najib Razak zwar gute Miene zum bösen Spiel. Obschon die mutmasslichen Drahtzieher im Skandal aus seinem Umfeld stammen, wurde der Staatschef von den dortigen Ermittlungen reingewaschen – jedenfalls für den Moment.
Die BSI muss büssen
Indes, im Ausland liessen sich die Behörden nicht bremsen. Insbesondere die Schweiz und Singapur, die ihr Image als führende Finanzplätze durch den Fall 1MDB gefährdet sehen, griffen durch.
Das führte letzten Mai zu einem ersten Eklat. Die Tessiner Banca della Svizzera Italiana (BSI) wurde damals von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) und der Singapurer Aufsicht MAS effektiv aus dem Verkehr gezogen. Gegen zwei ungenannte Ex-BSI-Manager leitete die Finma zudem ein Enforcement-Verfahren ein.
Fund im Genfer Zollfreilager
Die Ermittlungen von Behörden weltweit brachten derweil das ganze Ausmass des Skandals ans Licht.
1MDB-Milliarden, die eigentlich für die Entwicklung Malaysias bestimmt waren, wurden von einem kleinen Kreis von Drahtziehern regelrecht geplündert. Das abgezweigte Geld floss mutmasslich in Luxus-Anwesen, Juwelen, in eine Wahlkampagne zugunsten von Premier Najib – und sogar in die Produktion des Hollywood-Streifens «Wolf of Wall Street» mit Filmstar Leonardo DiCaprio.
Die Spuren führten wiederum in die Schweiz. Offenbar mit 1MDB-Millionen erstandene Gemälde wurden in einem Genfer Zollfreilager sichergestellt.
Im Mittelpunkt des Netzes
Bevor sie das Geld mit vollen Händen ausgaben, schleusten es die Drahtzieher offenbar durch ein undurchsichtiges Geflecht von Offshore-Firmen auf den Jungferninseln, Abu Dhabi, Luxemburg und in der Schweiz. Mutmasslich im Mittelpunkt des Netzes: Der junge malaysische Geschäftsmann Jho Low, der seit dem Ausbruch des Skandals von den Bildfläche verschwunden ist.
In den Finanzzentren Schweiz und Singapur schickten die Sanktionen gegen die Bank BSI Schockwellen durchs System. Die Schliessung der Tessiner Bank BSI verursachte bei anderen Finanzinstituten in Singapur höchste Nervosität. Sie fürchteten, dasselbe Schicksal zu erleiden.
Falcon mit gestutzten Flügeln
Zurecht, wie sich zeigte. Letzten Oktober folgte der nächste Paukenschlag. Die von der Herrscherfamilie des Emirats Abu Dhabi kontrollierte Falcon Private Bank in Zürich musste ihr Singapurer Geschäft aufgeben. Falcon-Niederlassungsleiter Jens Sturzenegger wurde im asiatischen Stadtstaat festgenommen.
Untersuchungen der Schweizer Finma zeigten, wie in den Skandal verwickelte hochrangige Beamte aus Abu Dhabi Falcon missbrauchten, um 1MDB-Gelder zu verschieben. Warnungen von Bankangestellten sollen dabei von ehemaligen Falcon-Managern in den Wind geschlagen worden sein.
Auch die UBS kommt nicht davon
Weitere Institute, darunter die grösste Schweizer Bank UBS, wurden in Singapur für ihre Rolle im Skandal gebüsst.
Nach den Banken rückten zunehmend auch die Drahtzieher im internationalen Korruptions-Skandal in den Vordergrund. Der in Singapur angestrengte Prozess gegen den ehemalige BSI-Starbanker Yeo Jiawei zeigte auf, wie sich die BSI um Compliance foutierte und Banker sich selber hohe Provisionen im Geschäft mit den 1MDB-Akteuren zuschanzten.
Banker wandern ins Gefängnis
Yen Jiawei, welcher der Anklage zufolge die BSI verlassen hatte, um direkt für 1MDB-Drahtzieher Jho Low zu arbeiten, wurde im Dezember verurteilt und muss sich kommenden April weiteren Vorwürfen stellen.
Zwei weitere BSI-Banker, darunter Jho Lows persönlicher Kundenberater Yak Yew Chee, wurden ebenfalls für schuldig befunden und zu Haft und Geldstrafen verurteilt.
Bären mit Kratzer
Auch das Zürcher Traditionshaus Julius Bär ging nicht ohne Kratzer aus der Affäre hervor. Die Schweizer Non-Profit-Organisation Bruno Manser Fonds nahm die Privatbank wegen ihrer Nähe zum «Wolf of Wall Street»-Hauptdarsteller DiCaprio unter Beschuss. Das brockte dem Institut diverse Schlagzeilen ein – obwohl keinerlei Indizien für eine direkte Verwicklung von Julius Bär in den 1MDB-Fall vorliegen.
Auch nächstes Jahr wird der Korruptions-Skandal wohl für manch eine überraschende Wendung sorgen.
Ein Schweizer Whistleblower, der die Affäre erst richtig ins Rollen brachte, konnte diesen Dezember aus der Haft in Thailand in die Schweiz ausreisen. Hier dürfte sich die Bundesanwaltschaft für das Wissen des Kronzeugen interessieren.
Die Behörden in Singapur könnten sich derweil die beiden ehemaligen Niederlassungsleiter von BSI und Falcon vorknöpfen, Hanspeter Brunner und Jens Sturzenegger.
Gefahr für Najib Razak
Und schliesslich droht die Affäre auch Staatschef Najib Razak gefährlich zu werden. Sein Stiefsohn Riza Aziz und der mit diesem eng verbandelte Jho Low wurden in einem US-Untersuchungsbericht direkt genannt. Ebenfalls findet sich in den Akten ein «Malaysia Official 1», dessen Profil auf die Rolle Najibs bei 1MDB passen könnte.
Ein Rätsel mehr, das es im komplexen Fall noch zu lösen gilt.