Längst haben sich die Unregelmässigkeiten beim malaysischen Staatsfonds zu einer internationalen Affäre ausgeweitet. Die wichtigsten Fragen zum 1MDB-Skandal – und die Antworten dazu.
1. Was ist 1MDB überhaupt?
2009 als Plattform für Auslands-Investitionen gegründet, übernahm bei der 1Malaysia Development Berhad (1MDB) noch im selben Jahr der malaysische Premierminister Najib Razak (siehe Bild unten) die Kontrolle. Damit wurde aus 1MDB offiziell ein Staatsfonds, der sich jedoch mehr aufs Borgen als aufs Investieren verstand. Über die Zeit häufte das Vehikel rund 12 Milliarden Dollar an Schulden an.
Zudem sorgte 1MDB wegen seiner Näher zur malaysischen Regierung von Anfang an für Kontroversen – die sich nun in einem internationalen Korruptions-Skandal entladen.
2. Was brachte den Skandal ins Rollen?
Im März 2015 galt 1MDB als dermassen überschuldet, dass die Bonität Malaysias gefährdet war. Darauf wurden im Schwellenland die Vorgänge beim Staatsfonds erstmals untersucht. Noch im gleichen Monat berichtet der malaysisch-britische Enthüllungs-Blog «Sarawak Report», dass 1MDB-Gelder von Fonds aus den Cayman-Inseln auf die Konti einer ungenannten Schweizer Bank geflossen seien.
Kurz darauf meldet die Singapurer Finanzaufsicht (MAS), dass sie Malaysia bei Ermittlungen zu den verdächtigen Geldflüssen im Umfeld des Staatsfonds unterstützte. Von da an überstürzten sich die Ereignisse.
3. Wer sind die mutmasslichen Drahtzieher?
Im Juli 2015 berichtet das amerikanische «Wall Street Journal», dass 681 Millionen Dollar von der 1MDB auf private Konti von Premierminister Razak geflossen seien. Der bestritt das vehement. Das Staatsoberhaupt beteuerte, die Beträge stammten von Spendern.
Weitere 700 Millionen Dollar tauchen auf, die eigentlich einem Joint-Venture mit der Firma PetroSaudi International zugeteilt waren, dann aber von 1MDB zu Offshore-Gesellschaften abflossen. US-Ermittler sprechen von insgesamt 3,5 Milliarden Dollar an 1MDB-Vermögen, die zweckentfremdet worden sind.
Der Verdacht des Missbrauchs von 1MDB-Geldern verdichtete sich seither im Umfeld von Razak; genannt wurde Razaks Stiefsohn Riza Aziz, der in den USA aus Filmproduzent auftritt und der 1MDB-Vermögen mutmasslich in Immobilien und den Streifen «Wolf of Wallstreet» abgezweigt hat.
Ebenfalls eine prominente Rolle im Skandal spielt Low Taek Jho, ein flamboyanter Jet-Setter (Bild unten), Kunstsammler und Familienfreund der Razaks.
Der unter dem Spitznamen «Jho Low» bekannte 34-Jährige agierte als «Berater» von 1MDB und soll mehrere Milliarden Dollar aus dem Fonds über Bankkonten auf Schattenfirmen in Offshore-Zentren geschleust haben, wozu er auch die Dienste der Tessiner Privatbank BSI nutzte.
Von US-Ermittlern kürzlich ebenfalls genannt wurde Khadem Al-Qubaisi. Er agierte als offizieller Vertreter Abu Dhabis und ist der ehemalige Präsident der Zürcher Falcon Private Bank, die dem Herrscherhaus des Emirats gehört. Abu Dhabi war als Geldgeber eng mit dem malaysischen Staatsfonds verbunden.
Gegen die mutmasslich Hauptverdächtigen wird in der Schweiz, in Singapur und in den USA ermittelt, wobei allein in den Staaten über 1 Milliarde Dollar an Vermögen eingefroren wurden. Dabei handelt es sich unter anderem um Luxus-Immobilien, einen Privatjet und wertvolle Gemälde (siehe unten). Einige davon wurden in in einem Genfer Zollfreilager gefunden und festgesetzt.
4. Warum spielt die Schweiz eine so bedeutende Rolle?
Den Schweizer Behörden sind wesentlich verantwortlich dafür, dass die Untersuchungen im Fall 1MDB nicht einfach versiegten oder vertuscht wurden.
Bereits im August 2015 eröffnete die Bundesanwaltschaft ein Strafverfahren gegen zwei 1MDB-Lenker wegen mutmasslicher Korruption und Geldwäsche. Kurz darauf froren die Bundesanwälte «mehrere 10 Millionen Dollar an Vermögen» auf Konti von Schweizer Banken eingefroren.
Letzten Mai zog die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) die Tessiner Bank wegen schweren Verstössen gegen die Geldwäscherei-Vorschriften effektiv aus dem Verkehr, wobei sie eng mit der Singapurer MAS zusammenarbeitete. Kürzlich wurde bekannt, dass die Finma ein Enforcement-Verfahren unter anderem gegen den ehemaligen BSI-Asienchef Hanspeter Brunner eingeleitet hat.
Wie es am Donnerstag hiess, haben die Schweizer Behörden zudem die Hilfe amerikanischer Ermittler im Finanzskandal angefragt. Laut der Agentur «Bloomberg» platzierten die Amerikaner hierzulande ihrerseits eine Beschwerde gegen diverse Schweizer Banken.
5. Welche Schweizer Banken wurden im Skandal genannt?
Der 1MDB-Skandal ist auch ein Reputations-Gau für das Swiss Banking, da mittlerweile eine ganze Reihe von Instituten im Fall genannt wurden.
Im Zentrum der Affäre steht die inzwischen schwer sanktionierte Tessiner Privatbank BSI (Bild unten), über deren Konti zahlreiche der nun untersuchten Transaktionen gelaufen sein sollen. In Zusammenhang mit den Erlösen aus einer 1MDB-Anleihe geriet auch die Zürcher Falcon Private Bank auf den Radar Behörden.
Das Institut wird derzeit von Singapur genauer überprüft; zudem figuriert es in einer Beschwerde der US-Behörden an die Schweiz.
Ebenfalls in den Skandal verwickelt ist die grösste Schweizer Bank UBS. Wie auch finews.ch am Donnerstag berichtete, kündigte die Singapurer MAS regulatorische Massnahmen gegen die UBS an. Innerhalb der Bank seien jedoch kein gravierendes Fehlverhalten einzelner Angestellter oder schwache Kontrollmassnahmen wie bei der BSI festgestellt worden, hiess es.
Laut Medienberichten sollen Zahlungen in der Höhe von über 2 Milliarden Dollar von 1MDB auf ein Konto der Schattenfirma Aabar Investment bei der UBS in Singapur überwiesen worden sein. Diese hatte die UBS aber den Behörden als verdächtig gemeldet.
Weiter im Skandal genannt wurde die Bank Coutts sowie die Luxemburger Tochter der Genfer Banque Edmond de Rothschild.
6. Welche Behörden ermitteln?
Die 1MDB-Affäre hat längst eine internationale Dimension: In der Schweiz, Singapur, den USA, Malaysia, Hongkong, Thailand, Australien und Luxemburg gehen Behörden dem Verdacht von Korruption und Geldwäsche auf den Grund.
Eine neuerliche Eskalation bedeutet das Einschreiten der Amerikaner, wo die Bundespolizei FBI (Bild unten) und diverse Staatsanwälte seit 2015 ermitteln.
Wie auch finews.ch letzten Mittwoch berichtete, will die USA rund 1 Milliarde Dollar an Vermögenswerten im Umfeld der Drahtzieher einfrieren; zudem strengen sie eine Zusammenarbeit mit den Schweizer Behörden an.