Mit ihrem harten Sparkurs und tieferen Gewinnzielen erntete die Credit Suisse diese Woche an der Börse Applaus. Doch dabei ging beinahe unter, dass die Grossbank auch anderswo am Zeug herumflickte.

Am Investorentag vom vergangenen Mittwoch in London musste Tidjane Thiam über seinen Schatten springen. Dass der Chef der Credit Suisse (CS) seine ursprüngliche Strategie ein weiteres Mal anpasste, nahmen ihm die Börsianer trotzdem nicht krumm. Im Gegenteil. Der CS-Aktienkurs legte deutlich zu – auch mit Blick auf die zusätzliche eine Milliarde Franken, die Thiam bis ins Jahr 2018 einsparen will.

Weitgehend unbemerkt blieb hingegen, dass die Schweizer Grossbank am vergangenen Mittwoch auch die Ziele bezüglich ihrer Kapitalisierung angepasste. Laut den Analysten um Jeremy Sigee, dem viel beachteten Bankexperten beim britischen Geldhaus Barclays, haben diese Änderungen durchaus Relevanz.

Zielwert gesenkt

So hat die CS den für Ende 2018 angepeilten Zielwert für die Kernkapital-Quote (CET1) von 13 Prozent auf 12 bis 13 Prozent gesenkt, wie Sigee feststellte. Wie auch finews.ch schrieb, rühmte sich die CS am Mittwoch, im vergangenen dritten Quartal eine Quote von 12 Prozent erreicht zu haben.

Doch das ist noch nicht alles. Während der bisherige Zielwert einen Puffer für grosse Rechtsrisiken und weitere Unwägbarkeiten beeinhaltete, fehlt ein solches Polster bei der neuen Wegmarke. Diese ist nun «pre significant litigation» gerechnet, wie die Barclays-Experten betonen. 

Bussenwelle rollt heran

Das muss erstaunen, rollt doch mit grosser Wahrscheinlichkeit eine weitere Bussenwelle auf die Bank zu. Wie auch finews.ch berichtete, könnten allein die Forderungen auf während der Finanzkrise «toxisch» gewordenen Hypotheken-Papieren (RMBS) für die CS geschätzte 2,5 Milliarden Franken betragen.

Der UBS droht zwar nach jenen Berechnungen derselbe Betrag. Doch der Schweizer Primus kann sich eine solch gesalzene Rechnung eher leisten als die nach wie vor angeschlagene CS.

CS wegen Basel IV entspannt

Derweil erwartet Sigee, dass mit Blick auf das nächste Banken-Regelwerk Basel IV auch die risikogewichteten Aktiven (RWA) schwerer wiegen. Das wiederum würde die Kernkapital-Quote belasten.

Doch Sigees Einschätzung zufolge gab sich das CS-Management am vergangenen Mittwoch «entspannt». Die Führung rechne offenbar erst ab 2021 mit der Einführung der neuen Richtlinie.

Dies scheint gewagt, wurde doch die CS unter Ex-Chef Brady Dougan von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) getadelt, weil sie ihre Kapitalisierung nicht schnell genug verbessert hatte.

Neue Schweiz-Einheit mit Kapitalbedarf

Noch in einem weiteren Punkt könnte der CS-Führung die Kapitalisierung in die Quere geraten. Laut den Barclays-Experten hielt sich die CS-Führung zwar mit Zahlen zur Schweizer Rechtseinheit zurück, die 2017 zu Teilen an die Börse gebracht werden soll.

Doch das Management habe durchscheinen lassen, dass die neue Einheit mehr Eigenkapital brauche als die bisherige Schweizer Universalbank, so die Barclays-Leute.

Weniger Geld beim IPO?

Das wiederum, erwarten die Experten, könnte sich auf die Eigenkapital-Rendite (ROE) und damit auch auf die Bewertung der Schweizer Einheit auswirken. Das wiegt schwer: Deren Aktien würden beim Börsengang (IPO) weniger Geld lösen – ein Rückschlag für Thiam, der mit dem IPO auch die Kapitaldecke des Konzerns stärken wollte.

Es zeigt sich: Während sich die CS mit der Anpassung der Gewinnziele am vergangenen Mittwoch Luft verschaffte, könnten die Kapitalanforderungen der Grossbank noch einen Strich durch die Rechnung machen.