Falls die Royal Bank of Scotland ihre Tochter Coutts International vor einem Verkauf aufspaltet, vergrössert sich das Feld der potenziellen Interessenten massiv – vor allem in der Schweiz.
Im Artikel «Coutts International: Darum wird ein Verkauf schwierig» hat finews.ch die Gründe genannt, weshalb die Royal Bank of Scotland (RBS) Mühe haben wird, ihre Privatbanken-Tochter als Ganzes zu verkaufen.
In der laufenden Konsolidierung ist – wie sich bereits gezeigt hat – das Interesse an Kundenportfolios wesentlich grösser, als an ganzen Banken. Ausserdem ist Coutts International mit einem Preisschild von mindestens 700 Millionen Franken ein ziemlicher Brocken, der die finanziellen Kapazitäten zahlreicher potenzieller Interessenten in der Schweiz schlicht übersteigt.
Kommt der Käufer aus dem Ausland?
Als (Teil-)Käufer kommen indessen auch Auslandsbanken in Frage, die ihr internationales Private Banking massiv aus- oder aufbauen wollen. BTG Pactual hat dies mit dem Kauf der BSI vorgemacht. Aus Schweizer Sicht hat Julius Bär diesen Schritt mit der Akquisition von Merrill Lynch International getan.
Dass BTG auch Coutts übernehmen wird, ist hingegen unwahrscheinlich. Die Integration der BSI absorbiert bereits enorme Managementkapazitäten. Es gibt aber einige Institute, die auf Coutts International ein Auge werfen werden:
- Deutsche Bank: Ihr umstrukturiertes Wealth & Asset Management soll zum neuen Wachstumsmotor werden. Dafür wird bereits kräftig in den personellen Ausbau im Nahen Osten und in Asien investiert. Auch akquisitorisches Wachstum muss ein Thema sein. Coutts International hat eine reiche Klientel, die auch für die Deutsche Bank interessant ist.
- J.P. Morgan: Die US-Bank führt in der Schweiz ihre Buchungen für sämtliche Offshore-Aktivitäten und verwaltet hier rund 86 Milliarden Franken. Und wie Schweiz-Chef Nick Bossart kürzlich andeutete, ist auch J.P. Morgan zumindest in der Beobachterposition, was die laufende Konsolidierung betrifft. Sprich: Bei einer passenden Gelegenheit würde ds US-Institut auch aktiv werden. Ob es gleich eine ganze Bank sein wird, ist jedoch fraglich.
- HSBC Private Bank: Der Verkauf von Kundenassets in der Höhe von 10 Milliarden Franken an die liechtensteinische LGT darf nicht täuschen: Die HSBC will im Private Banking ein bedeutender internationaler Player bleiben. Ein Kauf von Teilen der Coutts International im Nahen Osten oder in Asien kommt also in Frage. Ein «Clash of the Cultures» würde bei einer britisch-britischen Transaktion wohl auch nicht drohen.
In der Schweiz gibt es ein ganze Anzahl von Banken, die aktiv in den Konsolidierungsprozess eingreifen und an Coutts International, mehr noch an Teilen der Bank, Interesse haben.
- J. Safra Sarasin: Ihren brasilianischen Besitzern wäre ein Deal mit der ganzen Coutts allenfalls zuzutrauen. Sie hätten die finanziellen Kapazitäten dazu. Strategisch wäre für J. Safra Sarasin insbesondere das Asien-Buch der Coutts interessant mit geschätzten 10 bis 15 Milliarden Franken sowie die Standorte im Nahen Osten. Coutts unterhält Büros in Katar, Abu Dhabi und in Dubai.
- UBS: Von den finanziellen Möglichkeiten wäre eine Coutts-Übernahme kein Problem, aber sie ist unwahrscheinlich. Die UBS will sich im Wealth Management punktuell verstärken. Lücken hat sie vor allem in Südamerika, aber hier hat Coutts nichts zu bieten, nachdem dieser Bereich an die Royal Bank of Canada (RBC) verkauft wurde. Interessiert könnte die UBS am Asien-Geschäft sein. Sie wird sich im laufenden Verkaufsprozess wohl auf die Seite der Abwartenden schlagen.
- Credit Suisse: Sie wird sich das Coutts-Geschäft auch anschauen, aber ein Kauf der ganzen Bank ist unwahrscheinlich. Die CS will ihre Bilanz nicht weiter strapazieren. Es ist zudem fraglich, wie das Europageschäft von Coutts zur Strategie der CS passen würde, die ihre Aktivitäten in Westeuropa soeben neu aufgestellt hat.
- Julius Bär: Für sie kommen nur Asset-Deals in kleinerem Rahmen in Frage. Erstens muss sie noch die Merrill-Lynch-Übernahme verdauen, und zweitens würden Aktionäre eine weitere Kapitalaufnahme nicht goutieren. Würde die RBS aber beginnen, Coutts-Tranchen anzubieten, wäre Julius Bär unter den Interessenten, sowohl für Teile des Europa- als auch des Asiengeschäfts.
- Vontobel: Die Bank hat bislang keine der sich bietenden Gelegenheiten gepackt, an der Konsolidierung teilzunehmen. Nun hat die Kriegskasse wegen des Rückkaufs der eigenen Aktien von der Raiffeisen eine ziemliche Delle erfahren. Ohne an die Kapitalmärkte zu gehen, könnte Vontobel wohl rund 300 Millionen Franken ausgeben. Interessant ist auch für die Zürcher Privatbank vor allem das Asiengeschäft von Coutts.
- Union Bancaire Privée: Die Westschweizer Privatbank UBP nutzt immer wieder Kaufgelegenheiten, um ihre Depots aufzupolstern. Vergangenes Jahr kaufte sie das Private Banking von Lloyds, 2011 schlug sie bei ABN Amro zu. Die Investitionen der UPB flossen in den vergangenen Jahren aber auch zunehmend in den Aufbau der Präsenz in Asien. Darum gilt auch für UBP: Das Asiengeschäft von Coutts wird sie interessieren.
- Bank Syz: Das Genfer Finanzinstitut sucht aktiv nach Kaufgelegenheiten. Aber Coutts International als Ganzes kommt nicht in Frage. Das sagte Eigentümer Eric Syz kürzlich in aller Deutlichkeit. Syz kann 200 bis 250 Millionen Franken ausgeben. Bedingung: Die industrielle Logik muss stimmen.
- EFG International: CEO John Williamson kennt als ehemaliger Coutts-Manager die Bank sehr gut. Und sie würde gut zu EFG passen, wie auch er kürzlich sagte. Ob EFG eine solche Akquisition auch stemmen könnte, steht auf einem anderen Blatt. Spielraum sei vorhanden, hatte Williamson immerhin gesagt.
- Notenstein Privatbank: CEO Adrian Künzi sagte zu finews.ch im Zusammenhang mit dem Kauf der LBBW-Kundenportfolios, die Bank sei weiterhin offen für Akquisitionen, sofern die Kundenstruktur zu den Zielmärkten passe. Im Falle von Coutts International sind dies allenfalls deutsche Kunden oder möglicherweise auch Kunden aus Osteuropa.