Die Durchsuchungen der Staatsanwaltschaft München, wacklige Kredite und erboste Kunden, die Windreich-Anleihen kauften, setzen Frank Niehage zu.
Zu allem Übel, mit dem die Basler Privatbank in Deutschland konfrontiert ist, kommen nun Beschwerden von Kunden hinzu, die sich von der Basler Privatbank übervorteilt fühlen. Dem deutschen «Handelsblatt» gingen Schreiben von erbosten Anlegern zu, die sich darüber beklagen, dass ihnen von Sarasin-Beratern in Deutschland empfohlen worden sei, Unternehmensanleihen des Windpark-Planers Windreich AG zu kaufen.
Die Untersuchungen gegen die Bank Sarasin wegen Verdachts auf Beihilfe zu Steuerbetrug und Geldwäscherei in Deutschland laufen weiter.
Sarasin habe ihre Kunden nicht vollständig informiert
Einzelnen Sarasin-Kunden seien durch das Windreich-Investment bereits Buchverluste im Millionen-Euro-Bereich entstanden, schreibt die deutsche Wirtschaftszeitung. Sie würden darüber hinaus beklagen, dass sie die Bank nicht darüber informierte, dass sie an Windreich schon Kredite über 70-Millionen-Euro vergeben hatte, bevor sie die Anleihe zum Kauf empfahl.
Intransparenz über die wahre Finanzlage war lange gross
Die zwei an der Stuttgarter Mittelstandsbörse kotierten Windreich-Anleihen notieren weiterhin auf den Tiefstständen um die 50 Prozent (Laufzeit 2015) und 40 Prozent (Laufzeit 2016) und spiegeln die angespannte Finanzlage der Windreich AG.
Diese blieb lange völlig intransparent, da die Firma ihren Jahresbericht 2011 nach mehrmaliger Verschiebung erst im September 2012 publizierte. Ihr Rating war ausgesetzt worden und büsste jüngst ihren «Investment Grade»-Rang ein.
Windreich- und Sarasin-Chef teilen Faszination für Oldtimer
Den empörten Anlegern fallen auch persönliche Verbindungen zwischen Willi Balz, dem Windreich-Vorstandsvorsitzenden, und dem Sarasin-Deutschlandchef Frank Niehage auf. Gemeinsam hätten die beiden im Sommer diesen Jahres an einer Oldtimer-Rallye teilgenommen, schreibt das «Handelsblatt».
Niehage richtete Sarasin in Deutschland konsequent auf nachhaltige Investments aus. Auf eigenen Veranstaltungen vor Anlegern und Unternehmern warb Niehage beispielsweise für Investitionen in Windparkbetreiber und Solarzellen-Hersteller, schrebt das «Handelsblatt».
Der Verkauf des Oldtimer-Pfands hat begonnen
Über die Festtage versuchte Willi Balz im deutschen Anlegerforum des «Wallstreet Online» die Bedenken zur Werthaltigkeit seines Unternehmens zu zerstreuen. Dabei sorgte der deutsche Windenergie-Pionier für neue Verwirrung.
So schrieb er am 23. Dezember 2012: «die Windreich AG hat gerade in den letzten Monaten durch Oldtimerverkäufe erhebliche Liquidität aus meinem Privatvermögen erhalten». Unklar bleibt, wofür diese Oldtimer über Teile des mittlerweile auf 66 Millionen Euro angestiegenen Privatkredits hinaus als Sicherheit dienen, den Balz von seiner eigenen Firma bezogen hat.
Balz bürgt immer mehr persönlich
Und aus Sicht der Bank Sarasin stellt sich die Frage: Welche Sicherheiten hat die in der Projektierung von Windparks tätige Windreich AG über die Oldtimersammlung ihres Alleinaktionärs hinaus zu bieten?
Im «Wallstreet Online»-Forum schrieb Willi Balz am 24. Dezember (Beitrag 330), sein privates Engagement in die Windreich AG belaufe sich aktuell auf 224 Millionen Euro: «Ich habe nicht nur meine privaten Sicherheiten erhöht sondern auch mein privates Engagement, das heisst zusätzlich Cash eingebracht.»
Seine privaten Sicherheiten haften für Windreich AG Darlehen auch deshalb, «weil Banken Offshore-Projekte im frühen Entwicklungsstadium überhaupt nicht bewerten», argumentiert Balz dort. Trotzdem hat Sarasin Windreich Kredit für die Projektierung der Windparks in der Ostsee gewährt.
Privatanleger nehmen sich Topanwalt
Die Durchsuchungen der Staatsanwaltschaft München bei Sarasin und Proteste von Anlegern könnten dazu führen, dass das Schweizer Bankhaus seinen Deutschlandchef Frank Niehage ablöst, spekuliert das «Handelsblatt». Damit verlöre ein weiterer Topbanker in Deutschland seinen Posten letztlich aufgrund behördlicher Ermittlungen.
Die Anleger hätten sich inzwischen an den Münchner Anwalt und Kapitalmarktspezialisten Klaus Rotter gewandt. Dieser prüfe, inwieweit die Anleger von der Bank bewusst hinters Licht geführt worden seien. Zumal die Bankkredit im Konkursfall Vorrang vor den Anleihen hätten.
Die Bank Sarasin, Deutschland, nimmt Stellung
Die Bank Sarasin AG, Deutschland, nimmt zu diesem Bericht auf finews.ch wie folgt Stellung:
«1. Zu den Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt:
Wie bereits früher erklärt, hat die Bank Sarasin derzeit keine Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten der Bank. So gibt es auch keine Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten des heutigen Vorstandsvorsitzenden der Bank Sarasin AG, Deutschland, Frank Niehage.
2. Zu den Vorwürfen von Anlegern:
Die Kreditbeziehungen zwischen der Bank Sarasin AG und der Firmengruppe des Herrn Balz waren und sind öffentlich bekannt. So steht beispielsweise im Konzernabschluss zum 31.12.2011 der Windreich AG auf Seite 35: 'Eine Intensivierung der Geschäftsbeziehung erfolgte mit der Bank Sarasin AG, die die bereitgestellten Kreditlinien im Zusammenhang mit der Projektzunahme sukzessive ausgedehnt und die Finanzierung wichtiger Schlüsselprojekte übernommen hat.'
3. Zu den angeblichen persönlichen Verbindungen von Herrn Niehage und Herrn Balz:
Frank Niehage legt Wert auf die Feststellung, dass er keinen Oldtimer besitzt und hat auch niemals an einer Oldtimer-Rallye mit Herrn Balz teilgenommen.»
Kein Widerspruch zu den Aussagen im Artikel
Die wesentlichen Punkte dieses und des «Handelsblatt»-Artikels bleiben damit unwidersprochen:
- Sarasin verkaufte ihren Kunden Windreich-Anleihen. Diese sind von der Bank nicht ausdrücklich darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass sie damit als Kreditgeberin derselben Firma auch eigene Interessen verfolgt.
- Neben dem Ausbau der Geschäftsbeziehung (erhöhte Kreditlinien, Anleihenverkauf) pflegten Sarasins Deutschlandchef Frank Niehage und Windreich-Gründer Willi Balz auch eine persönliche Beziehung zueinander.
- Frank Niehage steht in seiner Funktion bankintern auf dem Prüfstand, zumindest solange der Hauptsitz sich nicht hinter ihren Deutschlandchef stellt.
Keine Antworten vom Hauptsitz der Bank
Die Bank Sarasin mit Sitz in Basel wollte weitere Fragen von finews.ch insbesondere zum Kredit nicht beantworten:
«Zu den Gerüchten, die im Handelsblatt Online Artikel enthalten sind, nehmen wir keine Stellung. Sodann möchten wir auch ihre weiterführenden Fragen nicht beantworten. Wie bereits mitgeteilt, nehmen wir zu einzelnen Geschäftsbeziehungen sowie zu den Details von allfälligen Kreditgeschäften generell keine Stellung.»