Immer schön Schritt für Schritt. Die Mehrheit der Analysten rechnet nicht damit, dass die EZB angesichts der Schwächesignale der Wirtschaft ihr Zinssenkungstempo beschleunigen wird.
Die Konjunktur in der Eurozone schwächelt. Insbesondere die grösste Volkswirtschaft Deutschland erweist sich derzeit als Bremsklotz, während andere Länder wie Spanien klares Wachstum verzeichnen.
Nun hat die Statistikbehörde Eurostat sogar ihre Schätzung für das zweite Quartal gesenkt. Das Wirtschaftswachstum in der Eurozone hat sich im Frühjahr unerwartet abgeschwächt und das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg im zweiten Quartal lediglich um 0,2 Prozent zum Vorquartal. Zuvor war noch ein Wachstum von 0,3 Prozent ermittelt worden. Im ersten Quartal war die Wirtschaft in den 20 Ländern des gemeinsamen Währungsraums um 0,3 Prozent gewachsen.
Senkung gilt als sicher
An der kommenden Sitzung des EZB-Rates am nächsten Donnerstag wäre alles andere als eine Senkung des Einlagensatz um 25 Basispunkte auf 3,50 Prozent eine Überraschung. Und auch für den kommenden Zinspfad sind sich die Volkswirte anscheinend weitgehend einig. In Quartalsschritten wird laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur «Bloomberg» jeweils eine «kleine» Senkung um 25 Basispunkte erwartet. Erst gegen Ende 2025 gehen die Meinungen dann stärker auseinander.
Auch eine grundlegende Änderung des Ausblicks, den EZB-Präsidentin Christine Lagard geben wird, wird nicht erwartet. Die Betonung wird weiter darauf liegen, dass man die Entscheidungen jeweils abhängig von der Datenlage treffen werde.
Schwierige Mischung
Die Mischung aus nachlassendem Wirtschaftswachstum und hartnäckigem Preisdruck, etwa im Bereich der Dienstleistungen, stellt die Währungshüter vor Probleme. Die Frage lautet, wo liegt der «neutrale Bereich», in dem die Zinsen die Wirtschaft weder einengen, noch ankurbeln.
Der Konjunkturausblick der EZB, der zuletzt noch ein Wachstum von 0,9 Prozent für das laufende Jahr vorhergesagt hatte, dürfte etwas gesenkt werden. «Die Schwäche der Binnennachfrage und eine fehlende Stimmungsverbesserung in der Industrie dürften zu einer Abwärtsrevision der BIP-Projektion führen», schreibt etwa DWS-Volkwirtin Ulrike Kastens. Für die Folgejahre wird keine Änderung erwartet.
Ähnlich sieht es auch das Research der Bank of America: «Die Prognosen der EZB bewegen sich in der Regel langsam. Im Grossen und Ganzen dürfte das Wachstum kurzfristig etwas geringer ausfallen, die Inflation im Jahr 2024 leicht ansteigen und die mittelfristigen Aussichten unverändert bleiben», heisst es dort. Nur wenn sich die Konjunkturdaten klar zum Schlechteren entwickeln, würde sich das Tor zu stärkeren Zinssenkungen öffnen.