Obwohl die Schweizer Bevölkerung den CS-Schock noch kaum überwunden hat und die UBS zu einer riskanten Monster-Bank heranwächst, sollen die Kantonalbanken und die Postfinance privatisiert werden. Das zumindest findet Polit-Neuling Zeno Staub. Kommt seine Forderung nicht zur Unzeit?

Der Wahlkampf für die Nationalrats- und Ständeratswahlen im kommenden Oktober gewinnt allmählich an Fahrt. Die Kandidatinnen und Kandidaten für die beiden Kammern positionieren sich mit ihren Anliegen und Forderungen.

Bis vor kurzem hätte man annehmen können, dass die Finanzbranche respektive die Geschehnisse rund um den Niedergang der Credit Suisse (CS) und deren Integration in die UBS in diesem Jahr ein zentrales Thema sein würden. Doch bereits seit Wochen und spätestens seit den Ankündigungen der UBS vom vergangenen Donnerstag, scheint diese Sache wie abgehakt zu sein.

Enormes Klumpenrisiko

Eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) soll bis in ferner Zukunft die Versäumnisse abklären und Lehren daraus ableiten, dass solche schockartigen Entwicklungen sich nicht wiederholen.

Gleichzeitig wächst eine «neue» UBS heran, die in ihrer Dimension für die Schweiz ein enormes Klumpenrisiko darstellt, von dem der Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann aus geschichtlicher Perspektive ableiten, dass ein solches Konstrukt «nicht sicher» sei, wie finews.ch exklusiv berichtete.

Hausaufgaben erledigen

Da das Thema «Finanzbranche» gleichwohl nicht vom Tisch ist, aber die Causa UBS vorerst «on hold» steht, da die Mega-Bank vorerst ihre Hausaufgaben erledigen muss, melden sich zahlreiche Politikerinnen und Politiker mit neuen Forderungen, wie beispielsweise einer dieser Tage aufgeschalteten Spezial-Webseite des Zürcher Bankenverbandes (ZBV) zu entnehmen ist.

Ein (angehender) Politiker, dem die Sache besonders am Herzen liegt, ist Zeno Staub, noch bis im April 2024 CEO des Zürcher Investmenthauses Vontobel. Für die «Mitte-Partei» kandidiert er für den Nationalrat, wie auch finews.ch berichtete. Politikerinnen und Politiker stufen seine Wahlchancen als neuer und gemässigter Politiker zwischen den immer stärker polarisierenden Links- (SP) und Rechtsparteien (SVP) jedoch als eher gering ein. Umso mehr muss er die Werbetrommel rühren.

Privatisierung von Staatsbetrieben

Das tat er unter anderem auch am vergangenen Wochenende im «Sonntagsblick», dem er ein lesenswertes Interview gab. Neben den Forderungen nach kostenloser Bildung in unserem Land, einer lückenlosen Aufklärung des CS-Debakels und einem zeitgemässen Umgang der Schweiz mit der Neutralität lässt vor allem noch eine weitere Forderung aufhorchen.

Staub plädiert dafür, darüber nachzudenken, die Zürcher Kantonalbank (ZKB) und die Postfinance zu privatisieren oder teilzuprivatisieren. Dies würde neue, grosse privatwirtschaftliche Banken entstehen lassen. «Dies würde den Wettbewerb weiter beleben, wieder neue Arbeitsplätze und Wachstumschancen schaffen», sagte der Vontobel-Chef.

Delikate Zeiten

Die Privatisierungs-Forderung ist nicht neu. Schon vor zehn Jahren beispielsweise thematisierte der emeritierte Wirtschaftsprofessor der Universität Zürich, Martin Janssen, in seiner inzwischen legendären Abschiedsvorlesung dieses Anliegen, das aus liberaler Sicht absolut Sinn macht, weil die Staatsgarantie der Kantonalbanken tatsächlich vor allem zu Wettbewerbs-Verzerrungen führt.

Allerdings navigieren wir heute in höchst delikaten Zeiten seit den Erfahrungen rund um die CS. Viele Kundinnen und Kunden der zweitgrössten Bank der Schweiz haben bekanntlich enorme Summen an Geld abgezogen und zu einem sehr grossen Teil ausgerechnet zu den Staatsinstituten gebracht. Insofern haben die raff- und bonusgierigen CS-Topbanker massgeblich dazu beigetragen, dass die Existenz der Staatsbanken mehr denn je gefragt und damit auch unbestritten ist.

Regulations-Tsunami verhindern

In diesem Umfeld deren (Teil-)Privatisierung zu fordern, wie das Staub nun im aktuellen Wahlkampf tut, verwundert sehr. Erstens, weil dieses Votum im derzeitigen Selbstverständnis in der Schweizer Bevölkerung keinen Platz hat und zweitens, weitaus lärmigere Politforderungen mehr Beachtungen finden werden.

Trotzdem sollte die Finanzbranche ein Thema sein im Wahlkampf, und zwar eher, indem deren Bedeutung für unser Land noch vermehrt unterstrichen und ein drohender Regulations-Tsunami verhindert wird. Ausserdem wäre es wichtig, dass die Vertreter des hiesigen Finanzplatzes, die sich in die Politik wagen, der allgemeinen Wahrnehmung der abgehobenen und abzocken Banker neuen respektive bewährte Tugenden und Werte entgegensetzen – indem sie diese auch vorleben.

Insofern hat Staub durchaus recht, wenn er zur Feststellung kommt: «Wir Banken müssen selbstkritischer werden».


Finanzplatz Schweiz, Finanzplatz Zürich, wie weiter?

Polit Lunch 555

finews.ch-Herausgeber Claude Baumann stellt der Nationalrätin und Ständeratskandidatin Regine Sauter und dem Nationalratskandidaten Zeno Staub Fragen zum Thema «Finanzplatz» – Sie diskutieren mit!

Veranstalter: Zürcher Bankenverband
Wann: 18. September 2023, 11.45 Uhr
Wo: UBS Konferenzgebäude Grünenhof, Auditorium, Nüschelerstrasse 9, Zürich