Für Transparency International trödelt die Schweiz bei der Bekämpfung von Geldwäscherei und Korruption. Sind wenige Verurteilungen ein Zeichen einer mangelnden oder besonders wirksamen Aufsicht?
Die Schweizer Strafverfolgung gibt nach Ansicht von Transparency Inernational (TI) ein schlechtes Bild bei der Korruptionsbekämpfung ab. Als Beweis dafür sieht die Nichtregierungsorganisation eine mangelhafte Strafverfolgung und ein oft notwendiges Eingreifen ausländischer Justiz in Geldwäschereifällen.
In einer Mitteilung vom Freitag bemängelt sie, dass in Korruption und Geldwäscherei verwickelte Unternehmen in der Schweiz nur ganz vereinzelt strafrechtlich verurteilt werden.
Nachlässige Staatsanwaltschaften
Das liege vor allem an Nachlässigkeiten der Staatsanwaltschaften. Sie hätten bisher versäumt, die nötige Rechtssicherheit zu schaffen. Dazu wären gemäss der Organisation verbindliche und öffentlich zugängliche Wegleitungen zu ihrer Anwendungspraxis notwendig. Ausserdem sei ein rascher und zuverlässiger Zugang zu den Strafbefehlen wichtig.
Es werfe aber auch ein schlechtes Bild auf unser Land, wenn ausländische Behörden die Strafverfolgung von Schweizer Unternehmen übernehmen müssen, lautet die Kritik weiter.
Wenig Verurteilungen
Seit dem 1. Oktober 2003 kennt die Schweiz die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Unternehmen. Seither sind nach den Angaben der Organisation zehn Unternehmen rechtskräftig durch einen Strafbefehl der Bundesanwaltschaft verurteilt worden. Hinsichtlich der Korruptions- und Geldwäschereiprävention und -bekämpfung sowie aus gesellschaftlicher und rechtsstaatlicher Sicht sei diese Situation unbefriedigend, hiess es.
Damit Unternehmen in der Schweiz nicht strafbar werden, müssen sie etwa alle erforderlichen und zumutbaren organisatorischen Vorkehrungen treffen, um bestimmte Straftaten wie Bestechung und Geldwäscherei zu verhindern.
Wegen verschiedenen Mängeln ist die Schweizer Strafverfolgung nach Ansicht von Transparency International massgeblich auf die aktive Mithilfe der fehlbaren Unternehmen angewiesen, damit die Missetäter strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können.
Bankenverband weist Vorwürfe zurück
Mit dieser Forderung rennt die Organisation bei der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) offene Türen ein. Wie der Branchenverband auf Anfrage von finews.ch erklärte, hat der Schweizer Finanzplatz zum Schutz der Reputation und Integrität kein Interesse an zweifelhaftem Geld.
Die Banken hätten deshalb in den letzten Jahren sehr stark in die Compliance-Massnahmen investiert. So unterstützt die SBVg etwa den fortlaufenden Ausbau der Geldwäscherei-Bestimmungen.
Wirksame Abschreckung
Zudem steht das Schweizer Geldwäscherei-Abwehrdispositiv auf mehreren Pfeilern. Bei einem Verstoss gegen Geldwäschereivorschriften werden nicht nur die Strafverfolgungsbehörden aktiv.
Je nach Schwere des Falls können auch ein Enforcement-Verfahren der Finanzmarktaufsicht (Finma) sowie ein Sanktionsverfahren der Aufsichtskommission zur Sorgfaltspflicht der Banken (VSB) folgen. Dabei können Berufsverbote verhängt, Bewilligungen entzogen oder Sanktionen bis zu 10 Millionen Franken ausgesprochen werden.
Massnahmen, die zu einer effektiven Geldwäschereibekämpfung beitragen, sind gemäss SBVg unterstützenswert. Bevor neue Instrumente eingeführt würden, müssten sie allerdings in der Gesamtheit der bereits bestehenden Massnahmen des Geldwäscherei-Abwehrdispositivs sowie im Detail geprüft werden.
Bundesanwalt will verschärfen
Bundesanwalt Stefan Blättler hatte zuhanden des Parlaments mehrfach neue Instrumente für das Schweizer Strafrecht angeregt. Genannt wurden etwa die Einführung einer aufgeschobenen Anklageerhebung gemäss englischem oder US-amerikanischem Modell.
Die Bundesanwaltschaft erinnerte in einer Stellungnahme daran, dass sie für die Bekämpfung von Straftaten von Unternehmen gemäss Artikel 102 des Schweizerischen Strafgesetzbuchs nicht allein zuständig sei, sondern zusammen mit allen Staatsanwaltschaften.
Gegenüber der Kritik von TI blieb die Behörde indessen gelassen. Unlängst habe die Nichtregierungsorganisation die Schweiz im Zusammenhang mit der Anti-Korruptionskonvention der Internationalen Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) noch gelobt. Im Oktober hatte TI erklärt, dass die Schweiz im Ländervergleich weiterhin gut abschneide und mit den USA die Gruppe der Länder bilde, die die Konvention aktiv umsetzten.