Der Prozess gegen Whistleblower im Komplex um Steuertricks in Deutschland hat am Zürcher Obergericht eine überraschende Wendung genommen.
Der Richter am Zürcher Obergericht hat den Prozess gegen den deutschen Anwalt Eckart Seith und zwei ehemalige Mitarbeitende der Basler Privatbank Sarasin – die heutige J. Safra Sarasin – abgebrochen. Der erste Staatsanwalt, der sich mit dem langwierigen Fall befasst hatte, war offenbar zu Ungunsten der drei Beschuldigten voreingenommen, wie die Agentur «SDA» am Mittwoch vermeldete.
«Ein Anschein von Befangenheit ist gegeben», sagte demnach der Richter. Die Beweise, die der erste Staatsanwalt gesammelt hatte, können deshalb nicht verwertet werden. Somit gebe es keine gültige Basis für eine Anklage.
Zurückweisung nach unten?
Sechsmal hatten die Anwälte der drei Beschuldigten im Laufe der Jahre den Antrag gestellt, das Verfahren deswegen zu stoppen. Bisher wurde das aber immer abgelehnt. Nach dem Zürcher Bezirksgericht befasste sich nun die nächste Instanz mit dem Fallkomplex. wie finews.ch berichtete.
Das Obergericht wird nun entscheiden, wie es weitergeht. Möglich seien die komplette Einstellung des Verfahrens, eine Weiterführung mit den noch als verwertbar eingestuften Akten – oder eine Zurückweisung an die Vorinstanz, also das Bezirksgericht.
Die früheren Sarasin-Mitarbeitenden hatten sich an Seith gewandt und ihm interne Dokumente zu den Cum-Ex-Geschäften zugespielt. Der Anwalt hat den milliardenschweren deutschen Drogerie-König Erwin Müller im Rechtsstreit mit der Schweizer Bank vertreten.
Cum-Ex in Deutschland strafbar
Die Vorinstanz hatte die beiden «Insider» zu einer bedingten Freiheitsstrafe wegen des Verrats von Bankkunden-Geheimnissen und zu einer Geldstrafe wegen Anstiftung zum Vergehen gegen das Bankengesetz verurteilt. Der Anwalt erhielt eine Bewährungsstrafe wegen Anstiftung zu mehrfachen Vergehen gegen das Bankengesetz. Sowohl die Beschuldigten als auch die Staatsanwaltschaft hatten das Verfahren weitergezogen.
In Deutschland wird der Gesamtschaden für die Staatskasse durch die Cum-Ex-Geschäfte auf 12 Milliarden Euro geschätzt. Laut einem Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts hat es sich bei diesen Praktiken um Straftaten gehandelt.