Bitcoin Suisse könnte im Hoch schweben. Doch strategisch gibt es beim erfolgreichsten Krypto-Broker der Schweiz Unklarheiten. Eine davon ist, ob das Unternehmen doch eine Banklizenz anstrebt oder eher die Partnerschaft mit einer bestehenden Bank.
Das operative Geschäft bei Bitcoin Suisse brummt: Der Zuger Krypto-Broker hat die zweite Jahreshälfte 2020 genutzt, um einen Reingewinn von über 24 Millionen Franken zu erwirtschaften und den Wert der verwahrten digitalen Asset auf über 5 Milliarden Franken zu steigern.
Zudem konnte Bitcoin Suisse mit nunmehr mehr als 250 Mitarbeitenden den Status eines «kleinen» Schweizer Finanzinstituts definitiv hinter sich lassen. Auch die Vorbereitungen für öffentliches Angebot von digitalen Bitcoin-Suisse-Token laufen. Dabei strebt das Unternehmen anstatt der Ausgabe von Aktien eine solche von sogenannten Security Token an.
Bewertung wohl deutlich angestiegen
Wobei: bezüglich des Pricing eines solchen Tokens dürfte Bitcoin Suisse nochmals nachrechnen. Die Übernahme des Konkurrenten Crypto Finance durch die Deutsche Börse zu einer stolzen Bewertung dürfte sich sicherlich auch auf den Wert von Bitcoin Suisse ausgewirkt haben. Sprich, die jüngste Bewertung von 400 Millionen Franken vom vergangenen Dezember ist wohl pulverisiert.
Doch aus zahlreichen Gesprächen, die finews.ch mit Insidern und Branchenkennern geführt hat, ergibt sich auch ein anderes Bild zu Bitcoin Suisse. Der erzwungene Rückzug des Bewilligungsgesuchs für eine Banklizenz hat zu einem Richtungsstreit im Management und unter den grösseren Aktionären geführt, wie es eine mit den Umständen vertraute Person gegenüber finews.ch formulierte.
Ohne Lizenz mehr Freiheiten
Andere beschwichtigen. Es herrsche kein Richtungsstreit, sondern es gäbe anhaltende Diskussionen über die weitere Strategie von Bitcoin Suisse: Ob weiterhin mit Hochdruck eine Banklizenz angestrebt werden solle oder ob das Unternehmen, das derzeit einer Selbstregulierungs-Organisation untersteht, ohne die teure Banklizenz nicht grössere operative Freiheiten geniessen könnte.
Zu den Banklizenz-Befürwortern zähle in erster Linie Niklas Nikolajsen, der Bitcoin Suisse unabhängig von Depotbanken machen und Geschäfte mit Derivaten und im Lending anbieten wolle. Ausserdem fürchte der Gründer und Verwaltungsrats-Präsident, dass etablierte Schweizer Banken gross ins Kryptogeschäft einsteigen könnten, womit die Marktführerschaft von Bitcoin Suisse gefährdet würde.
Bei Julius Bär angeklopft
CEO Arthur Vayloyan ist die Einbahnstrasse in Richtung Finma-Lizenz wohl zu riskant. Bis Bitcoin Suisse alle Geldwäschereiauflagen der Finma erfüllt, muss das Unternehmen sämtliche Kundenbeziehungen einer genauen Prüfung unterziehen. Das kann dauern. Und die Krypto-Märkte entwickeln sich schnell.
Darum sucht Vayloyan auch das Gespräch mit Banken, um eine Partnerschaft zu prüfen. Gemäss Informationen von finews.ch war Vayloyan auch bei Julius Bär vorstellig geworden. Doch die Zürcher Privatbank macht bereits Geschäfte mit Seba, an der sie beteiligt ist.
Mit finews.ch wollte Vayloyan nicht sprechen – es sei noch zu früh –, aber ein Sprecher bestätigte: «Zu den strategischen Optionen, die derzeit geprüft werden, gehören auch Partnerschaften mit Banken.»
Bankensystem von Tata
Einigkeit herrscht bei Bitcoin Suisse, dass das Unternehmen seine Compliance- und IT-Systeme auf einen Stand bringen muss, der die Anforderungen einer Bank erfüllt. Gemäss Informationen von finews.ch ist Bitcoin Suisse daran, ein Kernbanken-System von Tata Consultancy Services zu implementieren. Aufgrund der laufenden Compliance-Arbeiten am Kundenstamm und dem anhaltend starken Onboarding von neuen Kunden sei das kein einfacher Prozess, heisst es.
Auch wenn Bitcoin Suisse die sogenannte «Bank Readiness« anstrebt, also alle Auflagen und Bestimmungen für eine Banklizenz erfüllen will, sei eine solche nur «eine von vielen strategischen Optionen», schwächt der Sprecher ab. Wie das operative Geschäft belege, «funktioniert unser Geschäftsmodell auch ohne Lizenz sehr gut.»
Noch ist die Lage komfortabel
Damit ist Bitcoin Suisse zunächst noch in einer komfortablen Ausgangslage. Doch diese ändert sich laufend mit der weiteren Institutionalisierung des Krypto-Geschäfts. Sprich: Dass ein Broker wie Bitcoin Suisse im Handelsgeschäft noch länger so hohe Margen erzielen kann wie in der Vergangenheit, ist unwahrscheinlich.
Darum muss sich das Unternehmen einer Bank annähern, entweder durch eine Partnerschaft oder durch das baldige Einreichen eines neuen Bewilligungsgesuchs bei der Finma.