Das Thema Hongkong sei erledigt – jetzt stehe Taiwan ganz oben auf der Liste von China, sagt Daryl Liew im Interview mit finews.ch. Das Klima werde künftig härter werden, so der Investmentchef der Bank Reyl in Singapur.
Herr Liew wie hat Asien auf den Wahlsieg von Joe Biden reagiert?
Die meisten Länder Asiens wünschten sich einen Sieg von Joe Biden. Interessante Ausreisser waren dabei Taiwan und Vietnam. Bei beiden gibt es relativ starke anti-chinesische Strömungen. Diejenigen Länder Asiens, die mit China Auseinandersetzungen erlebten, würden eine Regierung Donald Trump bevorzugen. Sie schätzen ihn als geeigneter ein, sich gegen China zu stellen.
«Die anti-chinesischen Strömungen sind parteiübergreifend»
Das Fehlen einer Aussenpolitik, Trumps Unberechenbarkeit und der Handelskrieg, der sich für viele asiatische Exportfirmen negativ ausgewirkt hat, waren für alle anderen Länder hingegen gewichtigere Faktoren – deshalb bevorzugten sie eine Rückkehr zur Normalität.
Werden die Spannungen in Asien unter einer Administration Biden abnehmen?
Die anti-chinesischen Strömungen sind nicht einfach nur eine republikanische Sache. Sie sind parteiübergreifend und erstrecken sich übers gesamte Land. Und sie haben sich noch weiter verbreitet, bis nach Europa und Indien, Vietnam und in andere Teile Asiens – die Gefühlslage ist ziemlich stark verankert.
Falls Biden gegen China eine weichere Linie fahren sollte, wird er innenpolitischen Gegenwind verspüren. Deshalb wird er diesbezüglich behutsam vorgehen. In Handelsfragen hat Biden sich gegen Krieg und Zölle ausgesprochen und diese als «lose-lose»-Situation bezeichnet. Dort erwarte ich einen Rückbau der Zölle.
Kommen die Handelsbeziehungen schon bald aufs Tapet?
Das Thema bleibt erst einmal im Hintergrund, weil Biden dringlichere Fragen zu Hause klären muss, insbesondere Covid-19.
«Der Streit um Huawei wird weitergehen»
Biden wird das Thema China später angehen, indem er die Phase-II-Handelsgespräche anpacken wird. Vermutlich wird er Zugeständnisse von Seiten Chinas verlangen, um nicht als schwach eingestuft zu werden. Falls China hier etwas geben kann, werden beide Seiten aus den Gesprächen herausgehen und sich als siegreich präsentieren können. Der Handelskrieg wird nicht weiter eskalieren.
Was erwarten Sie in Bezug auf den amerikanischen Widerstand gegen Techgiganten wie Huawei und die Rolle, welche man dieser Firma in den chinesischen Spionageaktivitäten zuschreibt?
An der technologischen Front wird es keine Veränderungen geben. Der Streit wird weitergehen, weil die USA China als strategischen Gegenspieler betrachten. Die Taktik wird sich aber unter Biden ändern, weil er sich keinen unilateralen Aktivitäten verschreiben wird. Andere Länder teilen ja die Befürchtungen der USA, dass China mithilfe der Technik von Huawei sie ausspioniert.
Was erwarten Sie von einer Administration Biden im Umgang mit Menschenrechtsverletzungen?
Da erwarte ich mehr Disput. Trump glaubt aus ideologischen Gründen nicht an Menschenrechte. Joe Biden hingegen hat in seiner Kampagne die Menschenrechte als Kernbestandteil der amerikanischen Aussenpolitik bezeichnet. So sind Auseinandersetzungen bezüglich der Behandlung der Uighuren und der Demokratiebewegung in Hongkong zu erwarten.
Wie schätzen Sie denn die gegenwärtige Lage in Hongkong ein?
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