Als CEO der Finma muss Mark Branson sicherstellen, dass der Schweizer Finanzplatz zuverlässig funktioniert. Bei dieser Aufgabe lässt er sich bisweilen auch von anderen Ländern und Bankrotterklärungen inspirieren.
Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) reguliert eine Branche, die sich – etwas verspätet – mit der Digitalisierung neu erfinden muss. Dank dieser Verzögerung können die Banken jedoch aus Beispielen lernen – wie demjenigen von Thomas Cook.
Der 178-jährige Anbieter von Pauschalreisen musste am 23. September 2919 Konkurs anmelden. Wie die «New York Times» schrieb, waren das Internet, ein verändertes Konsumverhalten, hohe Kosten sowie der Brexit die Ursachen dafür – dieselben Probleme also, mit denen auch die Banken zu kämpfen haben.
Wenig Mitleid für die Banken
Mark Branson, Finma-Chef und damit oberster Aufseher der Schweizer Banken, der wie Thomas Cook aus England stammt, hat das Scheitern des Reiseanbieters genau verfolgt. An einer Konferenz des US-Medienkonzerns «Bloomberg» am vergangenen Dienstag in Zürich präsentierte er seine Schlussfolgerungen daraus. Dabei zeigte sich, dass sich sein Mitleid für die Banken, die sich unter einem wachsenden Druck von agileren Startups befinden, in Grenzen hält.
«Ist die Finanzbranche gegen diese Art von disruptivem Wandel immun?», fragte er. «Ich sehe keinen einzigen guten Grund, weshalb das so sein sollte», antwortete Branson gleich selber.
Vorbereitet auf einen Kollaps
Seit fünf Jahren arbeite die Finma daran, dass technologisch innovative Lösungen nicht gegenüber existierenden Instituten benachteiligt würden. Dabei helfe die Tatsache, dass das Regelwerk hierzulande «prinzipienbasiert» sei und damit auch auf neuartige Angebote anwenden lasse.
Auch wenn sich die Finanzindustrie ebenso massiv verändern sollte wie die Reisebranche, sollte die Qualität der Dienstleistungen somit sichergestellt sein, so Branson weiter. Falls es trotz der vielen Regeln zum Kollaps einer Bank kommen sollte, müsse man gut vorbereitet sein.
«Operation Matterhorn»
In dieser Hinsicht konnte die britische Regierung dieser Tage wieder einmal glänzen: Mit der «Operation Matterhorn» halfen die Behörden, die etwa 150'000 im Ausland gestrandeten Thomas-Cook-Kunden nach Hause zu fliegen.
Ähnlich wie im Fall Thomas Cook in England müsse hierzulande sichergestellt sein, dass die Abwicklung einer Bank nicht zur Katastrophe für die Kunden werde, betonte Branson. «Wir hoffen, dass wir diese (Abwicklungs-)Pläne nie benötigen werden, aber falls doch, tun wir gut daran, welche zu haben», betonte der Finma-Chef.
Bezahlinfrastruktur überdenken
Eine Firma, die für Banken – und Zentralbanken – zum Disruptor werden könnte, ist der US-Technologie- und Medienkonzern Facebook. Bransons Fazit zum Stable-Coin-Vorhaben Libra des amerikanischen Giganten: «Es gibt nichts neues unter der Sonne.»
Die Finma müsse auf Libra ebenso reagieren wie auf jede anderen Initiative, die eine Finanzdienstleistung betreffe, sagte Branson weiter, räumte aber auch ein, dass es möglicherweise an der Zeit sei, die ineffiziente und teure Bezahlinfrastruktur zu überdenken.
Auch wenn Facebook als Unternehmen keinen guten Ruf geniesse, sei es nicht Aufgabe der Finma, ein solches Projekt zu ermöglichen oder zu verunmöglichen. Sie müsse vielmehr deutlich machen, welche Gesetze und Regeln dafür gälten.
Lieber Libra
Immerhin würden die Libra-Initianten mit den Regulatoren zusammen, zeigte sich Branson erfreut. Das sei ihm lieber, als manche Alternativen aus dem Krypto-Bereich: «Projekte, die unter dem Blick der Öffentlichkeit entwickelt werden und eine intensive Debatte unter internationalen Regulatoren auslösen, machen mich weniger nervös, als Projekte, die vielleicht Lücken in der Regulierung ausnützen oder verschiedene Jurisdiktionen gegeneinander ausspielen wollen.»