UBS-Präsident Axel Weber fordert: Die Schweizerische Nationalbank soll sich mit der Herausgabe einer digitalen Währung beschäftigen. Was geschieht hinter verschlossenen Türen der SNB?

«Wir äussern uns nicht zu Aussagen von Drittpersonen» – die Antwort der Schweizerischen Nationalbank (SNB) auf die Anfrage von finews.ch, wie die Währungshüter auf die Forderung von Axel Weber reagiert haben, war trocken, wie immer. 

Aber natürlich ist Weber nicht einfach eine irgendeine Drittperson: Als Verwaltungsratspräsident der grössten Schweizer Bank, als ehemaliger Präsident der Bundesbank und prominenter Kandidat für den Vorsitz der Europäischen Zentralbank, zählt seine Stimme in Finanzkreisen zu den allerwichtigsten.

Möglichkeiten oder Risiken

Wenn also Weber die ehemaligen Kollegen auffordert, sich mit der Entwicklung eines digitalen Frankens zu beschäftigen, greift die trockene Antwort der SNB etwas kurz.

«Während der öffentliche Sektor sich oft nur mit den Risiken von neuen Zahlungsmitteln beschäftigt, neigt der Privatsektor dazu, eher die Möglichkeiten, welche dadurch geschaffen warden, anzuschauen,» sagte Weber in dem Interview mit der britischen Zeitung «Financial Times», in welchem er auch das Wort an die Währungshüter gerichtet hatte.

Die Antwort der SNB verbirgt einen Teil der Wahrheit: Unter SNB-Vizepräsidentin Andréa Maechler werden in der Abteilung Banking Operations die Themen Fintech und digitale Währungen und die Entwicklungen genauestens verfolgt.

Blockchain und Distributed Ledger

Die Abteilung Banking Operations leitet Sébastien Kraenzlin, der sich aktiv an supranationalen Arbeitsgruppen beteiligt, zum Beispiel im Rahmen der Bank für den Internationalen Zahlungsverkehr (BIZ), wie finews.ch in Erfahrung bringen konnte. Eine der Studiengruppen, in denen die SNB mittut, beschäftigt sich mit der Zahlungsverkehr- und Finanzmarktinfrastruktur (CPMI).

Das Komitee nimmt insbesondere die Zahlungsverkehrssysteme unter die Lupe und hat sich eingehend mit der Blockchain und Distributed Ledger Technologie beschäftigt. Die SNB scheint sich vorerst darauf zu beschränken, in den internationalen Gremien mitzutun – im Gegensatz zur Schwedischen Reichsbank, welche im September einen aufsehenerregenden Bericht zur Herausgabe einer e-krona präsentierte.

SNB-Präsident Thomas Jordan hat noch im Sommer die Bedeutung der Kryptowährungen heruntergespielt und betont, dass diese ein Thema für die Finanzmarktaufsicht und eben nicht für Nationalbanker seien: «Kryptowährungen stellen kein besonderes Problem dar für die Währungspolitik», sagte Jordan am 15. Juni gegenüber der Finanzpresse.

Krypto versus E-Währung

Maechler, eine von zwei Vizepräsidenten der SNB, ergänzte, dass die SNB selbstverständlich interessiert daran ist, dass die Finanzmarktinfrastruktur solide und bereit für die Zukunft sei.

Die SNB will sich also bezüglich einer Reaktion auf den wachsenden Einfluss von den sogenannten Kryptowährungen zurückhalten. Was aber Weber gefordert hatte – nämlich eine Offenheit gegenüber digitalen Formen der gängigen Währungen zwecks Förderung von einfachen und effizienten Bezahlsystemen – ist etwas ganz anderes.

Das Schwedische E-Projekt

Der schwedischen Währungshüter der Riksbanken, kamen in ihrem Bericht zum Schluss, dass immer weniger Konsumenten ihre Ausgaben mit Bargeld begleichen. Die e-krona würde deshalb der Öffentlichkeit den Zugang zu zusätzlichen Bezahlsystemen ermöglichen, die vom Staat garantiert würden. Neue Firmen erhielten überdies einen erleichterten Zugang zum digitalen Zahlungsverkehr und könnten so einfacher ihre Lösungen anbieten.

Die Schweizer sind immer noch geneigter, Bargeld zu benutzen als die Schweden, wie an dieser Stelle schon beschrieben wurde. Aber Weber hat natürlich recht, wenn er betont, wie schnell die Verhaltensmuster ändern und dass die jüngeren Generationen viel eher auf elektronische System setzten. Die schwedischen Währungshüter sind zudem der Ansicht, dass die e-krona die Zahlungssysteme robuster gegenüber eventuellen Störungen des Kreditkartenwesens machen würden.

In Zeiten einer sich rasant verändernden Finanzwelt käme es wenig überraschend, wenn die SNB in nicht allzu ferner Zukunft mit einem Plan aufwarten würde, wie sie den Herausforderungen zu begegnen gedenkt, welche sich durch die Entwicklung im digitalen Markt für die traditionelle Währungspolitik ergeben.