Die Schweiz ist ihrem Nachbarn fast ausgeliefert, findet der emeritierte Wirtschaftsprofessor Franz Jäger. Er hat wenig Hoffnungen fürs Bankgeheimnis.
In einem Interview mit der «Neuen Luzerner Zeitung» erklärt der St. Galler Wirtschaftsprofessor Franz Jaeger, dass Deutschland für die Schweiz als Wirtschaftspartner viel zu wichtig sei als dass man ihn unter Druck setzen könne.
Während die Schweiz als Exporteur nämlich nur der zehntwichtigste und als Investor der sechstwichtigste Handelspartner Deutschlands sei, sei Deutschland für die Schweiz dagegen der wichtigste Handelspartner. Als Konsequenz habe Deutschland nun «klipp und klar den Tarif durchgegeben», so Jaeger.
Deutschland verfüge zudem über ein grosses Arsenal an Schikanen, denen die Schweiz nichts entgegenzusetzen hätte. Solche Schikanen könnten den Zahlungs- und Güterverkehr zwischen Deutschland und der Schweiz durchaus lahmlegen.
Grund dafür seien die ungleichen Kräfteverhältnisse zwischen den beiden Ländern, wobei andere Länder «ebenfalls an der Seitenlinie» Deutschlands stünden.
Automatischer Informationsaustausch unausweichlich
Um Retorsionsmassnahmen zu vermeiden, habe der Bundesrat also gar keine andere Wahl mehr, als klein bei zu geben. Allerdings lauere am «Ende des Tunnels das grösste Monster: der automatische Informationsaustausch».
Erschwerend käme dafür hinzu, dass sowohl Luxemburg als auch Österreich der EU ihre Bereitschaft signalisiert hätten, den automatischen Informationsaustausch zu übernehmen, sofern die Schweiz dies auch tue. Damit hätten sie den schwarzen Peter der Schweiz zugeschoben.
Nach Kräften verzögern
Die Schweiz werde aber auch durch bürgerliche Politiker, welche die Aufgabe der Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug forderten, untergraben. Damit sei das Ende des Bankgeheimnisses – spätestens bis 2012 – quasi besiegelt. Als Folge sei denkbar, dass auch Schweizer Behörden plötzlich Zugriff auf Bankdaten ihrer Bürger forderten.
Deshalb müsse die Schweiz den automatischen Informationsaustausch so lange als möglich hinausschieben und erst unter Druck aufgeben, analog zur Geldwäscherei. Dort habe sie auch bis zum Letzten gekämpft und erst zum Schluss «vom Saulus zum Paulus» mutiert sei. Denn: Wenn sie die Wende vollzogen habe, tue sie das meist konsequenter als alle anderen!