Wer erinnert sich noch an den mit viel Getöse lancierten Masterplan ‹Finanzplatz Schweiz› von 2007? Der Vorstoss ist fast lautlos in der Versenkung verschwunden. Dieses Schicksal droht auch der Asset-Management-Initiative. Die Resultate sind bislang diffus – höchste Zeit also für eine Standortbestimmung.
Von Werner E. Rutsch, Mitglied der Geschäftsleitung, Axa Investment Managers (Schweiz)
Die Asset-Management-Initiative haben die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) sowie der Fondsverband, heute die Swiss Funds & Asset Management Association (Sfama), im November 2012 lanciert. Von den damals acht definierten Handlungsfeldern lautete das erste «Asset Management als Brand etablieren», was dann allerdings «vertagt» wurde, wie Sfama-Geschäftsführer Markus Fuchs an einem Anlass der «Friends of Funds» im Oktober des vergangenen Jahres erklärte.
Meines Erachtens war dies ein Kardinalfehler – denn unter einem chronischen Defizit an Marketing und (proaktiver) Kommunikation leidet nicht nur der Finanzplatz im Allgemeinen, sondern eben auch diese Initiative. Dabei ist eine starke Marke bekanntlich der beste Schutz für Umsatz und Profitabilität. Allerdings erfordert dies langfristige Investitionen – umso wichtiger wäre es also gewsen, frühzeitig den Markenaufbau anzupacken.
Uhren anstatt Zucker
Ansätze und Ideen wären sicher vorhanden. Eine Art «Swiss Trademark» im Sinne von «Intel Inside» oder ähnliches müsste kreiert werden; beispielsweise durch die Betonung der Servicequalität, mit welcher der Asset-Management-Standort Schweiz geradezu Vorbildcharakter hat: Mehrsprachigkeit, fehlerfreie Dokumentationen, pünktliche und zuverlässige Abwicklung, das wären die Eigenschaften dafür.
Schweizer Asset Management, eben nicht wie Schweizer Zucker (weil ohne Differenzierungsmerkmal), sondern Schweizer Asset Management wie Rolex – weil zuverlässig, punktegenau und unverwüstbar. Warum kann und soll diese Swissness nicht auch wieder verstärkt im Finanzwesen ihren Niederschlag finden?
Caffè Latte lässt grüssen
Ausserdem sollten sich die Initianten darauf fokussieren, Erfolgsgeschichten zu verbreiten und Innovationen zu propagieren. Auch da kann von andern Branchen viel gelernt werden – Emmis Caffè Latte lässt grüssen. Oder wer weiss zum Beispiel, dass durch die wachende Bedeutung von Zürich als Rückversicherungszentrum neue Chancen im Asset Management entstehen? Oder dass in der Finanzbranche laufend neue Initiativen lanciert werden, wie Fonds für Kapitalanlagen in Schweizer KMU-Kredite?
Wie so oft in neuer Zeit sind die Treiber solcher Innovationen Start-ups und Boutiquen, die für einen gewissen Rückenwind von Verbands- und Interessengruppen durchaus dankbar wären.
Bedingungslose Kopie
Stattdessen kapriziert sich die Asset-Management-Initiative darauf, Einfluss auf die neuen Gesetzesvorhaben Fidleg und Finig zu nehmen. Diese Vorlagen heisst man mehr oder weniger kritiklos gut, weil man sich damit einen verbesserten Zugang zu ausländischen Märkten erhofft.
Doch die Untauglichkeit zahlreicher Elemente in diesen Regelwerken (etwa die Protokollierungspflicht gegenüber Pensionskassen, nicht aber gegenüber Banken; die Beweislastumkehr usw.) werden kaum hinterfragt, zumal sie in Ländern, wo solche Normen im Rahmen von MiFID bereits gelten, längst zur Makulatur verkommen sind. Oder anders gefragt: Ist die nahezu bedingungslose Kopie der europäischen Regulationsflut wirklich zwingend für uns Schweizer?
Schlanker Staat – entschlackte Regulierung
Mehr noch: Es gibt zahlreiche Erfolgsgeschichten im Schweizer Asset Management, die auch ohne erleichterten Marktzugang zum Ausland möglich waren. Erinnert sei hier nur an den Cluster rund um Pfäffikon am Zürichsee, der nicht nur Family Offices und Hedge Funds umfasst, sondern auch traditionelle Vermögensverwalter und Asset Manager.
Dass dabei das steuerfreundliche Klima eine grosse Rolle spielte, sollte daran erinnern, dass das Thema schlanker Staat respektive entschlackte Regulierung gerade in einem noch schwieriger gewordenen Umfeld enorm viel Bedeutung hat.
Performancekultur entwickeln
Wenn nun lamentiert wird, die Asset-Management-Initiative sei durch die jüngste Stärkung des Franken noch mehr in Frage gestellt, ist dies differenziert zu beurteilen. Innerhalb der Wertschöpfungskette sollte der Fokus nun klar auf den Verkauf und das Portfoliomanagement gelegt werden, während die margenschwächeren Aktivitäten wie Fondsleitung und -administration definitiv zu Gunsten von Luxemburg und Irland aufzugeben sind.
Kurzum: Noch sollte kann es für einen Fondsmanager oder -Analysten attraktiver sein, in der Schweiz zu arbeiten als in London – Lebenshaltungskosten und andere Standortfaktoren eingerechnet. Wenn es auch noch gelingt, eine Performancekultur zu entwickeln, die sich von derjenigen der angelsächsischen Welt unterscheidet, wären dies vielversprechende Voraussetzungen, dass sich der Schweizer Asset-Management-Standort doch noch international profiliert.
Werner E. Rutsch ist auch Co-Autor des 2008 publizierten Buches «Swiss Banking – wie weiter?»