Wie lange sind die Chefs der wichtigsten Banken und Versicherungen im Amt? Lange. Neue Zahlen aus 25 Schweizer Finanzhäusern lassen ahnen, weshalb die Revolution nach der Krise ausblieb.
Finanzkrise? Radikalumbau? Neue Normalität? Keineswegs. Der seit fünf Jahren spürbare Ruf nach einer Revolution der Finanzwelt dringt nur schwer durch.
Hier findet sich jetzt ein vielleicht wichtiger Grund: Es sitzt immer noch dasselbe Kernpersonal an den Schlüsselstellen.
Dies jedenfalls deuten Daten an, die sich mit der Wirtschafts-Datenbank Infocube ermitteln lassen. Gemessen wurde die durchschnittliche Verweildauer in den Verwaltungsräten und im Kader von 25 massgeblichen Schweizer Finanzinstituten.
Die Zahlen zeigen: Ein durchschnittliches Verwaltungsratsmitglied bei den grossen Schweizer Banken ist über sechs Jahren im Amt.
Oder anders: Es sass bereits im Verwaltungsrat, als die grosse Krise noch gar nicht ausgebrochen war, sich allenfalls andeutete – zu den Zeiten des «Old Normal».
Ähnliches gilt für den Rest des Managements. Die Kaderleute, welche in der Schweiz bei den grossen Banken handelsamtlich eingetragen sind, sind dies seit durchschnittlich 6,84 Jahren – oder anders: Ein Norm-Bankmanager steht seit Oktober 2006 in einer Verantwortungs-Position.
Weiter bestätigen die Infocube-Daten auch im Detail einige naheliegende Erkenntnisse.
- Nur logisch erscheint zum Beispiel, dass eine familiengeführte Privatbank wie Pictet die höchste Verweildauer im Verwaltungsrat aufweist.
- Ebenso bekannt ist, dass die politisch besetzten Bankräte der grossen Kantonalbanken recht stabil sind.
- Interessanterweise wird aber auch spürbar, dass die Credit Suisse, obwohl den internationalen Stürmen massiv ausgesetzt, auf mehreren Ebenen den Bruch in der Finanzkrise 2008 recht stabil durchpflügt hat: Ein durchschnittliches Verwaltungsratsmitglied hier seit den Nullerjahren im Amt – deutlich länger als der Branchenschnitt.
Allerdings spielt da auch ein gewisser «Kielholz-Effekt» hinein: Walter Kielholz (seit 1999 im CS-Verwaltungsrat) und Peter Brabeck (seit 1997) drücken den Schnitt spürbar nach oben.
- Klar wird auf der anderen Seite, dass sich bei der UBS in den unteren Kaderebenen offenbar viele Leute erfolgreich wegducken konnten. Die gebeutelte Grossbank weist den dienstjüngsten Gesamtverwaltungsrat auf – was nach den notwendigen Erneuerungen kaum verwundern wird.
Allerdings: Auf den unteren Management-Ebenen wandelt sich das Bild völlig. Denn es konnten sich offenbar überaus viele Leute halten. Denn bei der durchschnittlichen Verweildauer im Kader landet die UBS ganz weit oben: der Wert liegt bei über 8 Jahren. Die «alte» UBS-Kultur schimmert hier offenbar durch.
Bemerkenswert ein weiterer Vergleich: Bei den Versicherern, die weniger turbulente Zeiten hinter sich haben, herrschte im Spitzen-Bereich ähnlich viel Bewegung wie in der dramatischeren Bankbranche.
Zwar sind die Kaderleute dort – zum derzeitigen Stand – spürbar länger im Amt als die Kader des Banking. Aber bei den Verwaltungsräten ist das Bild umgekehrt. Dies offensichtlich wegen den erwähnten Stabilitätsankern wie die Kantonal- und die Familien-Banken.