Die Umverteilung des Wohlstandes ist wichtig. Sie darf aber nicht Hauptzweck der Politik sein, findet Thomas Sutter von der Schweizerischen Bankiervereinigung.
Thomas Sutter ist Leiter Kommunikation und Mitglied der Geschäftsleitung bei der Schweizerischen Bankiervereinigung
In Frankreich wetteifern die sozialistischen Minister darum, wer am wenigsten Vermögen hat und sind stolz darauf, wenn unter dem Strich gar Schulden bleiben. Ganz nach dem Motto, was der Staat kann, kann ich schon lange.
Ein «Race to the bottom» mal anders rum. Um sich in seiner nach links driftenden Partei beliebt zu machen, fabuliert der zackige Kavallerist «Steueroasen sind Gerechtigkeitswüsten».
Der Spruch irrlichtert zwar durch die sozialen Netzwerke, wird aber dadurch auch nicht wirklich besser. Und in Basel hat die hiesige SPD keine schlauere Idee, als am 1. Mai Wirtschaftsführer öffentlich blossstellen zu wollen. Hallo? Wo leben wir eigentlich?
Nicht Egalité, also das Lob der Gleichheit, sondern Meritokratie, also das Lob der Leistung, ist für den Erfolg entscheidend. Nur so wird für den Einzelnen und für die Gemeinschaft Wohlstand generiert.
Kein Wohlstand ohne Reichtum
Doch es scheint, als ob dieser Wohlstand für alle nur so lange erträglich ist, wie sich der Wohlstand Einzelner – also der Reichtum – nicht deutlich von dem der Masse abhebt. Dabei kann es Wohlstand ohne Reichtum nicht geben. Will die Schweiz im internationalen Wettbewerb auch in Zukunft mindestens ihre Stellung behalten, dürfen Leistungsträger und ihre Unternehmen nicht laufend an den Pranger gestellt werden.
Wieso wird also das Halali auf die Wirtschaft und deren Vertreter geblasen? An ein paar so genannten Abzockern kann es wohl nicht liegen. Und auch die schlimme Finanzkrise darf nicht für alles verantwortlich gemacht werden. Hängt es vielleicht mit einem seltsamen Gerechtigkeitsempfinden zusammen, dessen Kerninhalte sich in den letzten Jahrzehnten dank einer rückwärtsgerichteten Sozialromantik und einer kritiklosen Staatsgläubigkeit langsam verschoben haben?
Gerechtigkeit bei Chancengleichheit
Gerechtigkeit – sofern dieser Begriff überhaupt allgemein gültig definiert werden kann – ist nicht in erster Linie die Nivellierung von Einkommens- und Vermögensunterschieden durch eine perfektionierte – aber langfristig ruinöse – Umverteilung oder eine Schuldenwirtschaft à la «Club Med-Staaten».
Gerechtigkeit bedeutet vor allem Chancengleichheit, also die Angleichung der Start- und Partizipationschancen jedes Einzelnen am wirtschaftlichen Erfolg. Ungleichheit ist naturgemäss die Folge von mehr Freiheit. Mit anderen Worten gehört es zu unserem System, dass im Zuge von mehr Freiheit die wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten zunehmen.
Zuerst mehr leisten
Diese Unterschiede MÜSSEN und WERDEN dann zu Recht mittels eines Systems des Ausgleichs abgefedert. Dieser Ausgleich oder eben diese Umverteilung darf aber nicht Hauptzweck des Wirtschaftens sein. Wir müssen in erster Linie schauen, dass mehr geleistet wird und uns erst in einer zweiten Phase darum bemühen, dass das Geschaffene umverteilt werden kann.