Können die Zinsen nur noch steigen? Das kleine Problem: «Ich höre das seit sieben Jahren», sagt Christina Böck.
Christina Böck ist ‹Head Multi Asset Client Solutions Switzerland› bei Axa Investment Managers. Ihre Kolumne für finews.ch erscheint monatlich.
Allerdings haben die Zinsen im letzten Dezember tatsächlich einen neuen Rekord erreicht.
Vergessen wir dennoch nicht, dass sie noch weiter sinken könnten. Denn immerhin sind die Renditen auf «Eidgenossen» bis zu ungefähr vier Jahren negativ. Tatsächlich hat dieser «Talflug» fast alle Investoren überrascht. Eine Studie aus dem Jahr 2009 analysiert die Treffsicherheit von Analysten des Schweizer Anleihemarktes.
Viele Pensionskassen fürchten Verluste
Die festgestellten Differenzen zwischen Vorhersagen und Realisierungen sind beeindruckend. Systematisch lagen die Vorhersagen viel höher, als das, was die Wirklichkeit dann brachte. Dies ist in Zeiten sinkender Zinsen nur natürlich, denn die Vorhersagen sind meist eine Extrapolation der aktuellen Situation. So wird sich die Richtung der Fehler schon umdrehen, wenn die Zinsen eines Tages wieder ansteigen.
Die Pensionskassen konnten in den letzten Jahren auf ihren Obligationenportefeuilles hervorragende Wertsteigerungen verbuchen, da diese Anleihen dank des Durationseffekts zulegten. Vom heutigen, niedrigen Niveau ausgehend, ist nun aber keine Wiederholung möglich. Viele Pensionskassen fürchten jetzt also Verluste auf ihren Bonds und verkaufen – besonders die Anleihen mit langer Duration.
Strukturelle Risikoprämie existiert nicht
Ist das die Lösung? Strategisch gesehen macht es nur Sinn, ein Durationsrisiko einzugehen, also auf der Aktivseite eine andere Duration als auf der Passivseite zu fahren, wenn dieses Risiko eine Rendite bringt. Diese Rendite kann mehrere Formen annehmen: als Risikoprämie (wie bei Aktien), als Kapitalgewinn oder sogar als vermiedener Verlust, wenn man die Bewegungen der Zinsen richtig vorhergesehen hat.
Finanzwissenschaftler sind sich einig, dass keine strukturelle Risikoprämie existiert. Und zum Vorhersagegewinn... Sind Sie sicher, dass Sie besser abschneiden, als die Analysten in der eingangs erwähnten Studie?
Verbindlichkeiten abdiskontiert
Die Debatte über den Sinn und Bedarf der Kongruenz zwischen aktiv und passiv für Schweizer Pensionskassen ist noch offen. Die Regulation fordert, Aktiva und Passiva in Kongruenz zu setzen, schreibt aber gleichzeitig die Publikation eines statisch berechneten Deckungsgrades vor (Art. 44 BVV2) vor.
In der Tat werden hier die Anlagen zum Marktwert angesetzt, aber die Verbindlichkeiten mit dem im Reglement festgelegten technischen Zinssatz abdiskontiert. So hat das sinkende Zinsniveau hauptsächlich die Aufwertung der Anleihen zur Folge gehabt – während die Verbindlichkeiten nicht betroffen wurden.
Deckungsgrad überschätzt
Dieses Ungleichgewicht hat zur Folge, dass die Deckungsgrade überschätzt werden. Es wird sehr schwierig werden, auf den Finanzmärkten Renditen zu erzielen, die den technischen Zinssätzen der Pensionskassen in der Schweiz nahe kommen – zumindest auf risikoarme Art und Weise und so kurze Fristen, wie der Deckungsgrad veröffentlicht werden muss.
Auch wenn es rein ökonomisch optimal wäre, auf beiden Seiten der Bilanz die gleiche Duration zu haben, so muss man feststellen, dass diese Regulationsaspekte andere Prioritäten schaffen. Lassen wir jeder Kasse die Freiheit, die Durationsstrategie zu bestimmen.
Exzellente Obligationenfonds
Viele Vorsorgewerke können nicht so leicht, die Duration ihres Anleiheportfolios steuern und sind oft gezwungen, die Proportionen an Cash- und Anleihefonds entsprechend zu variieren, um die gewünschte Durchschnittsduration zu erhalten.
Bei der schlechten (oder negativen) Bezahlung von Cash dürften diese sich über eine neue Möglichkeit freuen: Es gibt nun Anteilsklassen von exzellenten Anleihefonds, die sich nur durch eine geringere Duration von den anderen Anteilsklassen des gleichen Fonds unterscheiden. So besteht ein Instrument mehr, um die richtige Duration zusammen zu mischen.
Christina Böck bildete sich an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster zur Diplom-Kauffrau aus, bevor sie einen Master in Management (Finance) an der H.E.C. in Paris erlangte.
Nach verschiedenen Praktika war sie ab 1994 bei der Dresdner RCM Gestion in Paris tätig. Später wechselte sie zur Allianz-Pimco-Gruppe. Zu Axa Investment Managers in Paris stiess sie im April 2001. Seit März 2007 arbeitet Christina Böck in Zürich, heute als ‹Head Multi Asset Client Solutions Switzerland›.