Die Konsolidierung im Private Banking geschieht langsamer als von den meisten Experten erwartet. Woran hapert es? Antworten von Ray Soudah.

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Ray Soudah ist Gründer der Beratungsfirma MilleniumAssociatesIm ersten Beitrag einer dreiteiligen Serie auf finews.ch erörtert er die Situation und den Ausblick für Unternehmensfusionen und Übernahmen im Schweizer Wealth Management.

Die Schweizer Private-Banking-Branche sah sich in letzter Zeit vor massive Herausforderungen gestellt. Diese reichten von externen Faktoren wie dem Kampf gegen die Steuerflucht bis hin zu erhöhten Anforderungen seitens der Aufsichtsbehörden.

Erschwerend hinzu kam das strukturell mit hohen Risiken und Kosten behaftete Geschäftsmodell: Meist nicht abgesicherten Fremdwährungserlöse trafen bei kontinuierlicher Aufwertung der Lokalwährung auf eine steigende Kostenbasis. Zusammen bedeutet dies, dass es niemals anspruchsvoller war, in diesem Geschäft zu operieren.

Einmalige Faktoren

Bei solch schwierigen Rahmenbedingungen möge man es den Experten nachsehen, dass sie eine signifikante Konsolidierung durch Mergers & Acquisitions (M&A) prognostizieren. Betrachtet man nur den einen Schlüsselindikator, nämlich die Kundenvermögen, die den Besitzer wechselten – dann könnte man argumentieren, dass die M&A-Aktivität in den vergangenen Monaten auf Rekordniveau war.

Bei genauerem Hinsehen wird jedoch deutlich, dass die jüngst erfolgten Akquisitionen von Sarasin durch die brasilianische Safra-Gruppe, von ABN Amro (Schweiz) durch die Genfer Union Bancaire Privée (UBP) sowie von Clariden Leu durch die Credit Suisse (obgleich gruppenintern) durch einmalige Faktoren ausgelöst wurden und daher kaum als Konsolidierungsschritte auf Grund von Kosten- oder Regulierungsdruck zu werten sind.

Warum bleibt die Konsolidierung aus?

Meiner Meinung nach fand die vielfach vorhergesagte Konsolidierung nicht im Tempo statt, das angesichts des gegenwärtigen Drucks sowie der als negativ bewerteten Aussichten notwendig gewesen wäre.

Weil «Möchtegern»-Marktkonsolidierer, die jede Gelegenheit in der Hoffnung anschauen, günstige «Akquisitionsperlen» ohne ernsthafte Risiken zu finden, wiederholt ihre Interessen äusserten, verfielen zahlreiche M&A-Berater dem Glauben, die Nachfrage nach Unternehmenstransaktionen sei weiterhin stark.

Tatsächlich sank die Zahl «echt handlungsbereiter Käufer» seit der Finanzkrise von 2008 drastisch, und die Steuerattacken gegen die Schweiz durch europäische und amerikanische Behörden haben ihre Zahl noch weiter gedrückt.

Auf halbem Weg abgebrochen

Ein «echt handlungsbereiter Käufer» lässt sich definieren als ein Unternehmen, das fähig ist, die immer länger werdende Liste von Hürden zu bewältigen, um eine Akquisition zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen.

Wenn man analysiert, warum viele Schweizer M&A-Projekte nicht verfolgt oder auf halbem Wege abgebrochen werden, wird deutlich, dass viele nicht wegen des Preises fallen gelassen wurden, sondern wegen anderer Risikofaktoren – insbesondere wegen der mit «undeklarierten» Kundengeldern verbundenen Risiken.

Ironischerweise ist in einem Umfeld, wo die Bewertungen von Privatbanken fast auf Rekordtief sind, die Bereitschaft, Akquisitionen durchzuziehen und erfolgreich zu Ende zu führen, fast verschwunden.

Kein Merger, keine Akquisition: Was also ist zu tun?

Was weiter beiträgt zur Komplexität einer Transaktion, sind Personalfragen. Und die gegenwärtige Krise hat die Anforderungen an das Personal mit Kundenkontakt nicht gerade reduziert.

Da sich die Konsolidierung in der nächsten Zeit eher abschwächen wird, empfehle ich eine Anzahl alternativer Optionen, die es erlauben, Zeit zu gewinnen, solange die M&A-Bedingungen schwierig sind: von der Anwerbung von Teams oder der Akquisition von Kundenportfolios (mit Migration auf die Käuferplattform) bis zur Konzentration auf jene internationalen Märkte, wo das eigene Unternehmen einen Mehrwert erbringen kann, oder sogar bis hin zu «Fee-Sharing»-Allianzen, um so neue, steuerdeklarierte Kundenvermögen anzuziehen.

Bessere Compliance macht attraktiver

Der kurzfristige Ausblick für M&A in der Schweiz ist mässig, weil dies vielleicht eine eher schlechtere Zeit ist, um ein Unternehmen zu verkaufen.

Banken, die sich auf eine Verbesserung ihrer Compliance und ihres Risikomanagements konzentrieren und die nächsten zwei Jahre überleben, werden attraktiver sein, wobei selbst dann nur die besten in der Lage sein werden, Käufer zu angemessenen Bedingungen zu finden.


Ray SoudahRay Soudah zählt zu den vielseitigsten Bankexperten, die aus der Schweiz heraus tätig sind. Der gebürtige Zypriote absolvierte die Harvard Business School sowie die französische Business-Schule Cedep, bevor er Anfang der siebziger Jahre eine steile Karriere in der Finanzwelt einschlug. Er hatte leitende Funktionen bei der Citigroup und Montagu inne.

Von 1998 bis 2000 arbeitete Soudah als Managing Director im UBS Private Banking. Dort gründete und leitete er das Team für strategische Unternehmensakquisitionen und war dabei Mitglied des Executive Board der Private-Banking-Sparte.

Im Mai 2000 machte sich Soudah selbständig und gründete die Millenium Associates, ein Beratungsunternehmen für M&A-Aktivitäten auf globaler Ebene. Dabei konzentriert sich Soudah mit seiner Firma auf Finanzinstitutionen der Private-Banking-, Vermögensverwaltungs- und allgemein der Finanzbranche.