Der UBS ist ein Coup gelungen. Nun muss sich aber weisen, ob der Star-Banker Andrea Orcel mit seinen Deals die schrumpfenden Geschäfte kompensieren kann.
Investmentbanking, das bedeutete früher einmal die Beratung von Firmen bei Übernahmen und Fusionen sowie bei der Kapitalbeschaffung. Unter diesen Prämissen operierten die grossen Investmentbanken, wie J.P. Morgan, S.G. Warburg oder Lazard (Frères). So schafften sie sich ein einzigartiges Renommee, von dem die heutigen Investmentbanken weit entfernt sind.
Erst in den letzten dreissig Jahren kam der Handel mit Wertschriften und anderen derivativen Finanzprodukten hinzu und veränderte den Geist des Investmentbankings vollständig. So arbeiteten innerhalb der Investmentbanking-Sparte mehrere Einheiten, die nur beschränkt miteinander zu tun hatten. Entsprechend unterschiedlich war denn auch das Risikoprofil dieser einzelnen Divisionen.
Finanzkrise als Wendepunkt
Das zeigte sich besonders gut mit dem Ausbruch der Finanzkrise 2007. Die immer grösseren Fehlbeträge und Abschreibungen fielen zwar im Investmentbanking an, aber genau genommen «nur» im Handel und nicht bei der Beratung von anderen Firmen in Kapitalmarktfragen.
So besehen haben der Handel, und insbesondere der Eigenhandel in den Banken, eine ganze Geschäftssparte in Mitleidenschaft gezogen. Als Folge davon mussten zahlreiche Banken mit Steuergeldern vor dem Kollaps gerettet werden, darunter auch die UBS im Herbst 2008.
Ganze Branche im Umbruch
Seither befindet sich die Investmentbanking-Branche in einer Selbstfindungsphase. Auf die UBS bezogen heisst das, dass sie tüchtig schrumpft, indem sie zahlreiche eher riskante und kapitalintensive Geschäftsbereiche abbaut oder gar einstellt, wie UBS-CEO Sergio Ermotti im vergangenen November im Investorentag in New York erklärte.
Vor diesem Hintergrund fragt sich zwangsläufig, inwiefern eine kleinere Investmentbanking überhaupt noch bestehen kann, zumal die Erträge in der ganzen Branche in den nächsten Jahren generell etwas geringer werden dürften und gleichzeitig die gesetzlichen Auflagen und die Anforderungen ans Eigenkapital unaufhaltsam steigen.
Lukrative Kontakte
In dieser Konstellation ist denn auch die Anwerbung von Andrea Orcel (Bild) zu deuten. Der gebürtige Italiener hat sich in den letzten zwanzig Jahren bei Merrill Lynch einen Namen als so genannter Rainmaker einen Namen gemacht, als einer also, der grosse Deals an Land zieht, von denen die Bank dann über Kommissionen und Gebühren profitiert. Dieses hoch lukrative Geschäft setzt vor allem sehr gute Kontakt auf den Chefetagen der Unternehmenswelt voraus, – und die hat Orcel zweifelsohne.
In manchen Jahren liess er sich seine Dienste mit bis zu 30 Millionen Dollar von seinem Arbeitgeber Merrill Lynch honorieren. Das dürfte UBS-CEO Ermotti ebenfalls nicht entgangen sein, der früher selber einmal bei Merrill Lynch gearbeitet hat.
Alte Bekannte
Auch zum italienischen UniCredit-Konzern pflegt Orcel beste Beziehungen, hat er dort doch kürzlich eine 7,5 Milliarden Dollar schwere Transaktion abgewickelt. Zur Erinnerung: Ermotti war bis im Herbst 2010 stellvertretender CEO bei UniCredit.
Mit dem Engagement von Rainmaker Orcel besinnt sich die UBS aufs klassische Investmentbanking, das mit weniger Kapital und Risiken auskommt, als die Handelssparte, die nun sukzessive geschrumpft wird. Orcel in den Reihen der UBS ist auch ein klares Bekenntnis, dass das Investmentbanking bis auf weiteres zur integrierten Bank gehört.
Co-Leitungen nie auf Dauer
An Orcel liegt es nun, den Kultur- und Geschäftswandel zu vollziehen – gelingt ihm das, dürfte die UBS schon in ein paar Jahren viel besser positioniert sein und Orcel die alleinige Leitung der Investmentbanking-Sparte sicher sein.
Vorläufig muss er sie noch dem mit Deutschen Carsten Kengeter teilen. Eine Konstellation, die sich im ambitionsreichen Investmentbanking noch nie über längere Zeit gehalten hat.