Die Zahl der Befürworterinnen und Befürworter einer Übernahme der Commerzbank durch die Unicredit ist mittlerweile selbst in Deutschland sehr gross, wie der Italien-Korrespondent von finewesticino.ch, Giuseppe Failla, feststellt.

Die deutsche Regierung hat auf die Übernahme der Commerzbank durch den italienischen Finanzkonzern Unicredit aus mehreren Gründen nicht gut reagiert. Der erste, sehr praktische Grund betrifft interne wahlpolitische Überlegungen. Denn die Nachricht kam kurz vor den Wahlen im deutschen Bundesland Brandenburg.

Wäre dort die rechtsextreme Partei AfD als Siegerin hervorgegangen, wäre die Regierung unter Olaf Scholz wahrscheinlich gestürzt worden. Darum zielten die protektionistischen Äusserungen des Premierministers gnz klar darauf ab, der rechten Partei, die traditionell gegen ausländische Übernahmen nationaler Unternehmen ist, keine weiteren Stimmen zu verschaffen.

Mario Draghi verärgert die Deutschen

Zudem ärgerte es die deutsche Regierung, dass die Ankündigung der Übernahme zeitlich mit der Präsentation des Wettbewerbsberichts zusammenfiel, der von der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, bei Mario Draghi , dem früheren EZB-Banker und einstigen Ministerpräsidenten Italiens in Auftrag gegeben worden war. Denn Draghi befürwortet seit jeher grenzüberschreitende Fusionen zwischen europäischen Firmen.

Dass diese Transaktion sozusagen unter dem Segen des ehemaligen EZB-Chefs zustande kam, verursachte beim deutschen Kabinett zweifelsohne einiges Unbehagen. Verstärkt wurde dieses sicherlich noch dadurch, als bekannt wurde, dass sich Jens Weidmann, ein langjähriger Gegner Draghis während seiner Zeit im EZB-Rat als Chef der Deutschen Bundesbank, in seiner aktuellen Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender der Commerzbank positiv zum Deal äusserte.

Allianz an der Seite Andrea Orcels

Weidmann ist indessen nicht der einzige Befürworter eines solchen Schulterschlusses in Deutschland. Der Versicherungskonzern Allianz, ein langjähriger Partner von Unicredit mit einer Beteiligung von knapp 3 Prozent, steht sogar fest an der Seite von Unicredit-Chef Andrea Orcel.

Zudem ist die Allianz seit Jahrzehnten in Italien tätig, nachdem es die Firma RAS übernommen hatte und seither einen grösseren Marktanteil in Italien hält, und den es sogar noch ausbauen möchte.

Klarer Anreiz für italienische Versicherer in Italien

Giacomo Campora, CEO der Allianz in Italien, sagte unlängst beim Q&A anlässlich der Bilanzmedienkonferenz für das Geschäftsjahr 2023, dass das Unternehmen grosses Vertrauen in Italien habe. In den vergangenen zehn Jahren habe die Allianz dort vier Transaktionen getätigt und halte seither einen Marktanteil von 12 Prozent im Bereich Schadenversicherungen.

Für die internationale Assekuranzbranche ist Italien in jüngster Zeit noch attraktiver geworden, zumal das Land nach wie vor ein unterversicherter Markt ist. Jüngsten Daten zufolge besteht im Belpaese eine Versicherungslücke, gemessen an der Durchdringung im Vergleich zum Durchschnitt in den OECD-Ländern, von 4,6 Prozent im Lebensversicherungsbereich und 4,9 Prozent im Schadenbereich. Diese Lücke gilt als klarer Anreiz dafür, das ausländische Versicherer ihre Präsenz in Italien ausbauen.

Eher eine «nationale Konzentration»

Für viele Branchenbeobachter gilt die Übernahme der Commerzbank durch die Unicredit zudem nur formal als grenzüberschreitende Transaktion. Vielmehr sehen sie darin eine nationale Fusion, da die Unicredit seit fast zwanzig Jahren die deutsche Hypovereinsbank (HVB) besitzt. Selbst ein erfahrener Banker wie Alberto Nagel, CEO des italienischen Finanzkonzerns Mediobanca, teilt diese Einschätzung.

Bei einem kürzlichen Event des amerikanischen Medienhauses «Bloomberg» in Mailand erklärte er, dass eine Fusion von Unicredit und Commerzbank keine grenzüberschreitende Transaktion sei, sondern «eine nationale Konzentration». Er fügte hinzu, dass es auf dieser Basis wesentlich mehr Synergien geben könnte, nicht zuletzt auch mit der HVB, als dies bei grenzüberschreitenden Transaktionen üblicherweise der Fall wäre.