Eine Schweizer Bank leistete dem Financier George Soros in seinen Anfängen enorme Schützenhilfe. Heute will das Finanzinstitut mit seinen Beratungsdienstleistungen junge Unternehmerinnen und Unternehmer sowie vermögende Familien verstärkt auch in der Schweiz ansprechen, wie Recherchen von finews.ch zeigen.
Der Name Ceresio Investors lässt auf Anhieb nicht auf eine Schweizer Bank schliessen. Doch bei genauerem Hinsehen stellt sich heraus, dass dahinter ein alteingesessenes Finanzinstitut in Lugano steht: die Banca del Ceresio – 1958 gegründet.
Anfänglich firmierte das Unternehmen, das in seinen Ursprüngen in Italien bis ins Jahr 1919 zurückreicht, als reines Family Office, das das Vermögen der Mailänder Familie Foglia verwaltete.
Legendärer Förderer von George Soros
Alberto Foglia, Bankier (Bild: Jacques Perler)
Doch in den 1960er- und 1970er-Jahren trug vor allem Alberto Foglia (Bild oben), mit seinem Bruder Giambattista Foglia, zur Prosperität der Bank im Tessin bei, zählte doch der 1928 geborene Financier zu den Entdeckern und grossen Förderern des späteren Hedgefonds-Investors George Soros.
Über viele Jahre waren die beiden nicht nur enge (Geschäfts-)Freunde, sondern Foglia amtete auch als Verwaltungsratspräsident und bis zuletzt als Ehrenpräsident von Soros’ lukrativem Quantum Fund. Diese Beziehung trug massgeblich zur Etablierung und zum Wachstum der Banca del Ceresio bei.
Die politischen Turbulenzen in Italien in den 1970er-Jahren verbunden mit der Entwertung der Lira bewogen Foglia schliesslich, sich vollends im Tessin niederzulassen, wo er Ende 2021 93-jährig auch verstarb. Inzwischen steht die Firmengruppe mit Ablegern in Mailand und London in der dritten Generation unter der Leitung der drei Söhne Foglias Antonio, Giacomo und Federico.
Höchst diskret
Bis heute agiert die Unternehmensgruppe, die seit 2019 als Ceresio Investors firmiert, höchst diskret, wie Gabriele Corte (Bild unten), seit sechs Jahren Generaldirektor der Banca del Ceresio und seit 2018 Verwaltungsratsmitglied der Gruppe, im Gespräch mit finews.ch betont.
Gabriele Corte, Ceresio Investors (Bild: CI)
«Auch heute nutzt die Familie Foglia noch immer die Strukturen von Ceresio Investors. Doch wenn sich andere Familien uns anschliessen wollen, beispielsweise weil ihnen unsere Plattform zusagt oder ein eigenes Family Office für sie zu teuer ist, steht dem nichts im Wege», erklärt Corte. Unter diesen Prämissen unterhält Ceresio Investors Beziehungen zu mehr als 500 Familien, vornehmlich in Italien, der Schweiz, Grossbritannien sowie Monte Carlo und verwaltet in diesem Kontext knapp 9 Milliarden Franken an Depots.
Starker Filter für andere Familien
Weitere Mittel werden für einzelne Kundinnen und Kunden noch treuhänderisch betreut. «Aus Risiko- und Reputations-Überlegungen beschränken wir unseren Kundenstamm auf die erwähnten Jurisdiktionen», unterstreicht Corte, «mit diesen sind wir bestens vertraut und verfügen über die erforderlichen Netzwerke und Kontrollmechanismen.»
Neben der klassischen Vermögensverwaltung, mit einem nach wie vor starken (historischen) Fokus auf Hedgefonds, der Finanzplanung und -strukturierung sowie der Aggregierung von Vermögen aus unterschiedlichen Quellen für vermögende Familien differenziert sich Ceresio Investors vor allem mit dem Leistungsversprechen, dass die Familie Foglia bei ausgesuchten Anlagen stets mitinvestiert. «Das ist ein starker Filter für andere Familien», betont Corte.
M&A-Team der BSI übernommen
In diesem Sinne nutzt Ceresio Investors die weit verzweigten Geschäftsbeziehungen namentlich in Italien sowie in der Südschweiz ganz gezielt, um zum Beispiel für sich selbst attraktive Club-Deals zu arrangieren, in die auch andere interessierte Parteien investieren können.
Der enge Kontakt zu namhaften Unternehmerfamilien hat in den vergangenen Jahren denn auch zu einer Ausweitung der Produktepalette geführt. «Wir haben festgestellt, dass viele Unternehmen mit einem Umsatzvolumen bis zu 500 Millionen Franken bei vielen Investmentbanken nicht sonderlich gut aufgehoben sind», erklärt Corte, «besonders wenn es um Finanzierungs-Bedürfnisse oder um M&A-Transaktionen geht.» Vor diesem Hintergrund hat Ceresio Investors vor mittlerweile sechs Jahren ein Spezialistenteam von der damaligen Banca della Svizzera Italiana (BSI) unter der Leitung von Alessandro Santini (Bild unten) übernommen.
Investieren mit der Familie
Alessandro Santini, Ceresio Investors (Bild: CI)
Santini, ehemals Finanzchef des Florentiner Modeunternehmens Ferragamo und später bei der BSI tätig, ist kein typischer Banker. «Er schafft es, sich in die Köpfe der Unternehmer zu versetzen», sagt Corte von ihm. «Er ist direkt in seinen Urteilen, und das lieben die Unternehmer, weil sie keine Zeit verlieren wollen.» Zwischenzeitlich hat Ceresio Investors bereits 30 «Deals» realisiert, zwölf davon als Club Deals, in die auch die Familie Foglia und das Management investiert haben. Der Fokus liegt dabei auf Firmen aus der Maschinenindustrie, aus der Finanzbranche, aus dem Dienstleistungs- und Luxusbereich sowie aus der Nahrungsmittel-Branche.
Obschon das Corporate Advisory & Investment Banking-Team von Ceresio Investors in Mailand sitzt, soll die Idee verstärkt in die Schweiz getragen werden, wie Corte unterstreicht.
Historisch wichtiger Zeitpunkt
«Zufriedene Unternehmer bringen nach einer erfolgreichen Transaktion auch eher ihr privates Vermögen zu uns», folgert er. Die Initiative kommt allerdings auch zu einem historisch wichtigen Zeitpunkt, denn mit dem Niedergang der Credit Suisse (CS) als unabhängige Bank verschwindet in der Schweiz eine Akteurin, die zuvor im Bereich der Corporate Finance, also im Firmenkundengeschäft, eine wichtige Rolle spielte – ganz speziell im Tessin (Bild unten), wo die Auswahl an solchen Anbietern seit jeher bescheidener war als in der übrigen Schweiz.
Credit Suisse an der Piazza Riforma in Lugano (Bild: CS)
«Das Verschwinden der CS ist für alle international tätigen Schweizer Banken keine gute Werbung», sagt Corte, «denn wir verkaufen mit unseren Bank-Dienstleistungen auch ein Stück Schweizer Solidität und Vertrauen. Und wenn die zweitgrösste Bank im Land verschwindet, ruft das bei vielen Kundinnen und Kunden doch einige Fragen auf», so Corte, und er betont dabei auch, wie stark etwa die italienischen Medien den dramatischen Niedergang der CS in diesem Jahr thematisiert haben – ganz im Sinne der Feststellung: Das ist nicht mehr die Schweiz, die wir gekannt haben.
Schwierige Zeiten für das Tessin
Für Corte ist klar, dass das Ende der CS einen grossen Einfluss auf die Schweizer Wirtschaft zeitigen wird, vorläufig verzögert, da die eigentlichen Auswirkungen noch nicht spürbar sind. Für das Tessin ist diese Entwicklung alles andere als positiv, denn in der Südschweiz lassen sich die Banken, die der Wirtschaft Kredit vergeben, an einer Hand abzählen.
«Umso mehr geht es nun darum, wie wir unseren lokalen Markt unterstützen können», betont Corte. Die Corporate-Finance-Dienstleistungen von Ceresio Investors sind ein Ansatz dazu.