Die Integration der Credit Suisse sorgt aktuell für Misstöne in der Schweiz. Doch bei der «neuen» UBS herrscht intern überraschend viel Zuversicht – woher kommt das? Ein Erklärungsversuch.
Die Zeit der grossen Würfe, so analysierte finews.ch unlängst, ist für die UBS vorbei. Mit dem Entscheid, die Credit Suisse (CS) bis 2025 zumindest nach aussen hin verschwinden zu lassen, hat die Umsetzungsphase der Integration eingesetzt. Damit hat auch das mühselige Kleinklein bei der Zusammenführung der beiden grössten Banken des Landes begonnen.
Das geht nicht ohne Misstöne über die Bühne, oder «Noise», wie es im Management-Jargon heisst. Hierzulande, wo der Zusammenschluss wegen des erst Ende August gefallenen Entscheids zur CS Schweiz mit Verzögerung zu rollen begann, ist dieses Störgeräusch verspätet, aber nun umso lauter hörbar.
Für viel Gesprächsstoff sorgen die inzwischen zahlreichen Abgänge von Kader, mittlerweile nicht nur bei der übernommenen CS – wie zuletzt der bekannte Regionalleiter Martin Arregger – , sondern auch bei der UBS.
Fest überzeugt
Das dürfte allerdings nur ein Vorgeschmack dessen sein, was die UBS zu hören bekommt, wenn die Entlassungen und Stellenabbauten hierzulande deutlicher spürbar werden. Zur Erinnerung: Die Bankführung um Sergio Ermotti hat die Integrationzeit um ein Jahr auf 2026 verkürzt und das Sparziel bis dahin von 8 auf 10 Milliarden Dollar erhöht. Allein in der Schweiz kündigte die kombinierte Grossbank 3'000 Entlassungen an.
Doch die kritische Aussensicht auf den Zusammenschluss ist nicht zwingend das, was intern bei der UBS Schweiz empfunden wird. Wie Recherchen ergaben, ist die Stimmung zumindest an der Spitze des Unternehmens erstaunlich zuversichtlich. So ist man fest überzeugt, dass die Übernahme der CS ein Erfolg wird und sich die Vision des globalen «Wealth Management Powerhouse» auch hierzulande auf den Boden bringen lässt. Das Glas erscheint aus dieser Warte halb voll zu sein, mindestens.
Eine Portion Sendungsbewusstsein
Dabei schwingt ein gewisses Sendungsbewusstsein mit, wie es Bankchef Ermotti verströmt. Die Übernahme der CS diene dem Wohl des Lands; der Finanzplatz brauche die noch grössere Grossbank, um im weltweiten Standortwettbewerb mitzuhalten, so der Tessiner Top-Banker.
Tatsächlich stützen die bisherigen Erfahrungen diese Zuversicht. So hat die UBS seit der Notrettung der CS am 19. März 2023 die Wegmarken des Zusammenschlusses in hohem Tempo abgespult. An dem Basiszenario der Vollintegration der CS wurde bis am Schluss nicht gerüttelt. Und strategisch wie operativ hielt die Grossbank Kurs und schaffte es im abgelaufenen zweiten Quartal 2023 gar, Milliarden von Neugeld anzuziehen. Mit anderen Worten: Die UBS ist zumindest bis anhin nicht zu bremsen.
Gut geöltes Räderwerk
Das ist nicht zuletzt der Verdienst eines Geschäftsmodells, das seit mehr als einer Dekade auf die vergleichsweise stabile Vermögensverwaltung hin getrimmt wird, mit entsprechend geschultem Personal sowie immer ausgefeilteren Angeboten. Und einem Versprechen, das Kunden wie Mitarbeitende leicht verstehen: Die Bank will schlicht der weltweit führende «Wealth Manager» sein.
Schon Ex-Chef Ralph Hamers, der die Grossbank von 2020 bis Anfang 2023 und damit nach und vor Ermotti führte, verzichtete klugerweise darauf, Hand an dieses gut geölte Räderwerk zu legen. Stattdessen konzentrierte er sich vorab darauf, Prozesse zu digitalisieren und die Arbeitsweise der Mannschaften zu modernisieren.
In der Folge ist die UBS, die dank den CS-Vermögen zur 5-Billionen-Dollar-Haus werden will, heute ein internationaler Grosskonzern mit eingeschliffenen Prozessen und uniformem Auftritt, der jederzeit auf weltweite Ressourcen zurückgreifen kann.
Minimale Einarbeitungszeit
Dies zeigte sich etwa an der Berufung des neuen Leiters der Vermögensverwaltung in der Schweiz, August Hatecke. Der Schweizer wurde für den neuen Job aus Singapur zurück in die Heimat beordert und kann auf dem wichtigen Posten sowohl langjährige Erfahrung bei der UBS wie auch bei der CS einbringen. Aus seiner Zeit als Superreichen-Banker in der Schweiz kennt er sogar die hiesigen Regionen – entsprechend minimierte sich die Einarbeitungszeit des vom anderen Ende der Welt eingeflogenen Managers.
Nicht nur die globalen Ressourcen, sondern auch der schiere Umfang dieser Maschinerie sind nicht zu unterschätzen. In der Schweiz arbeitet die UBS als Universalbank und bietet ihren wichtigen Kundinnen und Kundinnen ein zumindest in der Breite unschlagbares Angebot an – vom Firmenkunden-Geschäft über das Private Banking zu spezialisierten Fonds und komplexen Investmentbank-Diensten.
Die Krux mit der strategischen Asset Allocation
Wie zu erfahren ist, kommt das an. Die Kundenzufriedenheit in der Schweiz sei aktuell gut. Für die Führung ist das eine Bestätigung, dass mit dem bestehenden Angebot weiteres Neugeld angezogen werden kann – dies auch durch «Referrals», also Empfehlungen von einem Kunden zum nächsten. Das wäre zumindest eine solide Ausgangslage, um auch die Schweizer Kundinnen und Kunden der CS vom Bleiben zu überzeugen: Rein von der so genannten strategischen Asset Allocation her müssten viele von ihnen bemüht sein, eine Teil ihrer Gelder von der neuen Megabank weg zu transferieren.
Und natürlich wäre die UBS in der Lage, bei der «Retention» von Kunden und Mitarbeitenden ganz direkt Muskeln spielen zu lassen. Vorerst, so ist zu hören, liegt der Fokus vorab auf der Motivation der Mitarbeitenden und auf gutes Zuhören, was an der Kundenfront geschieht. Aber es ist denkbar, dass die nun mit Abstand grösste Bank der Schweiz den Willkommens-Paketen der Konkurrenz Ähnliches entgegenhält.
Kundenseitig bestünde derweil die Möglichkeit, Gebühren zu senken oder mit Sonderkonditionen zu locken. Kleinere Mitbewerber dürfte eine solche Taktik der Marktführerin rasch an Grenzen führen.
Abwehrtaktiken in Asien geübt
Auch bei den Retentionsmassnahmen ist die globale Erfahrung der UBS zu beachten. So ist das Institut seit mehr als 50 Jahren in Asien tätig und dort mittlerweile die grösste Privatbank der Region. Insofern ist die UBS traditionell die naheliegende Adresse für Abwerbeversuche für jegliche Konkurrenten, zumal die Bank in Singapur auch ein eigenes Ausbildungszentrum für Jungbankerinnen und -banker unterhält.
Entsprechend eingeübt sind dort die Abwehrtechniken beim Geldhaus – eine Erfahrungsschatz, von dem nun auch die Schweizer Kollegen profitieren. Sie werden es wohl gebrauchen können.