Bankenregulierung, Managerverantwortung und Boni: Das wären eigentlich Themen, über die sich im eidgenössischen Wahlkampf trefflich streiten liesse. Doch seit die Parlamentarische Untersuchungskommission zur Rettung der Credit Suisse losgelegt hat, ist es erstaunlich still geworden, findet finews.ch.
Es war schon fast kurios. Als sich die Führungspersonen der vier grossen politischen Parteien jüngst an dem vom Wirtschaft-Dachverbands Economiesuisse ausgerichteten «Tag der Wirtschaft» zur Debatte trafen, ging es um fast alles – nur nicht um die Banken.
Das Thema Credit Suisse (CS) reichte gerade einmal für einen kleinen verbalen Seitenhieb Richtung Thierry Burkart, den Präsidenten der FDP. Und der kam dann auch noch von Nationalrat und Fraktionspräsident Thomas Aeschi von der SVP. Von Mitte-Präsident Gerhard Pfister und auch Mattea Meyer, der SP-Co-Parteipräsidentin, wurde das Thema gar nicht angesprochen.
Wie eine Omertà
Lieber stritten die Parteivertreterinnen und die -Vertreter entlang der bekannten Positionslinien um Steuern, Gesundheitskosten, Energiepolitik, Kaufkraft, um die AHV, die Zuwanderung oder die Beziehungen zur EU.
Diese «Omertà» zum Thema Bankenregulierung wurde in der vergangenen Woche dann doch noch kurz von Cédric Wermuth, dem Kollegen von Meyer an der SP-Spitze, in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger» (Artikel bezahlpflichtig) gebrochen. Dabei plädierte er für klare Leitplanken für die neue UBS in puncto Eigenkapital und Boni, und sprach von den Risiken, die für die Schweiz durch den Bankenriesen entstehen.
Hauptsache ergebnisoffen
Doch ansonsten ist es schon auffällig, dass sich vor allem bei den bürgerlichen Politik-Exponentinnen und Exponenten eine fast einheitliche Sprachregelung durchgesetzt hat. Wer nach dem Thema gefragt wird, verweist auf die Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK). Man wollen den Ergebnissen und Schlussfolgerungen der parlamentarischen Ermittler nicht vorgreifen, heisst es dann.
Und weiter: die Kommission müsse erstmal in Ruhe und ergebnisoffen ihre Arbeit machen, bevor man selbst Schlussfolgerungen daraus ziehen und diese dann in entsprechende Gesetzesinitiativen umsetzen könne.
Nur keine Schnellschüsse
Natürlich – alle grossen Parteien sind in der PUK vertreten, und da wäre es fast unhöflich, wenn Parteikolleginnen und Kollegen mit Kommentaren, Forderungen oder Polemik von aussen dazwischen grätschen.
Diese Haltung weist auch eine grosse Ähnlichkeit auf mit dem, was von Seiten der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) zu hören ist. Man werde erst dann Position beziehen, wenn die Analyse abgeschlossen ist, so die Bankenlobby. Alle regulatorischen und politischen Reaktionen müssten mit der nötigen «Objektivität und Zielorientierung» erfolgen und einzelne Massnahmen dürften nicht isoliert, sondern nur in ihrem Gesamtzusammenhang betrachtet werden. Nach Eile oder Dringlichkeit hört sich das nicht gerade an.
Ganz ähnlich formulieren inzwischen auch nahmhafte Banker, so letztens Philipp Rickenbacher an einer Konferenz in Zürich. «Wir brauchen eine transparente und gründliche Analyse, und keine Schnellschüsse aus der Hüfte», erklärte der CEO der Privatbank Julius Bär.
Pazifizierende Wirkung
Und so entwickelt die PUK, die gerne als das schärfste Schwert des Parlaments bezeichnet wird, ausgerechnet im Wahlkampf eine überraschend pazifizierende Wirkung. Nur nicht darüber streiten und sprechen, lautet das Motto. Wie eine Bad Bank, in die man statt fauler Kredite das faule Thema verpackt, bis man mit einer Lösung daherkommen will.
Und die PUK wird lange brauchen, um ihre Erkenntnisse und Ergebnisse zu präsentieren. Am vergangenen Freitag hat es die Kommission immerhin geschafft, sich auf einen Fahrplan für den Ablauf der Untersuchung zu einigen.
Nicht vor März 2024
Laut einer Mitteilung der Parlamentsdienste will die PUK ihre Untersuchung zeitlich auf vier Hauptphasen ausrichten. Zunächst geht es um den Zeitraum 2015 bis Sommer 2022. Als Startpunkt hat man dabei den ersten Evaluationsbericht des Bundesrats über systemrelevante Banken gewählt.
Dann geht es um die Zeit bis Mitte März 2023, in welche die verzweifelten Versuche der CS-Führung fallen, das Ruder bei der waidwundeen Grossbank mit einem neuen Grossaktionär aus Saudi-Arabien, einer Kapitalerhöhung und einem Restrukturierungsplan doch noch herumzureissen. Die heissen Phasen betreffen dann die fünf vorgängigen Tage bis zur Übernahme am 19. März und am Schluss die Umsetzung.
Der Abschluss der Untersuchungen wird bis zum Beginn der nächsten Frühjahrssession in Aussicht gestellt. Das wäre dann etwa Anfang März 2024.
Strikte Schweigepflicht
Der Auftrag der PUK ist es, die Geschäftsführung der im Zusammenhang mit der CS-UBS-Notfusion relevanten Behörden auf Rechtmässigkeit, Zweckmässigkeit und Wirksamkeit zu untersuchen. Den Mitgliedern wurde dabei eine strikte Schweigepflicht auferlegt. Es wird noch nicht einmal mitgeteilt, wo, wie, wann und mit welchen Vertreten der Banken, der Regierung, der Finma oder der SNB die Kommission spricht.
Damit bleibt das brisante Grossbankenthema noch eine ganze Weile gedeckelt.