Während der noch amtierende CEO Zeno Staub seinen Wahlkampf für einen Sitz in Bern intensiviert hat, ist die Suche nach seinem Nachfolger an der operativen Spitze von Vontobel in eine entscheidende Phase gelangt.
Zeno Staub (Bild unten), während mehr als 22 Jahren im Sold des Zürcher Investmenthauses Vontobel, verteilt nun Äpfel auf der Strasse und profiliert sich gleichzeitig auf den Sozialen Medien, um bei den Wahlen am 22. Oktober 2023 einen Sitz im Nationalrat in Bern zu gewinnen. Er kandidiert für die Partei «Die Mitte». Offiziell ist er noch bis zur nächsten Generalversammlung im kommenden April CEO von Vontobel. Doch seine Prioritäten dürften derzeit etwas anderswo liegen.
Das ist nicht optimal, da das Zürcher Finanzinstitut, gelinde gesagt, derzeit eine schwierige Phase durchmacht, wie auch finews.ch berichtete. Die Halbjahreszahlen 2023 haben insgesamt enttäuscht, vor allem im Asset Management musste das Unternehmen einen herben Rückschlag hinnehmen; gleichzeitig hat sich Vontobel ambitionierte Ziele gesetzt, namentlich im Personalausbau, was wiederum mit einem CEO, der in einigen Monaten abtritt, etwas schwierig zu orchestrieren ist.
Intensivierte Suche
Staubs langfristig angekündigte Demission ist insofern ambivalent, weil sie einerseits dem Unternehmen sicherlich mehr Zeit einräumt, einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin zu finden. Andererseits könnte dies Vontobel während längerer Zeit die Dynamik rauben, um wieder auf Erfolgskurs zu kommen. Dessen sind sich auch die Verantwortlichen im Hause bewusst und haben die CEO-Suche in den vergangenen paar Wochen intensiviert, wie Recherchen von finews.ch zeigen. Das Investmenthaus wollte dazu keine Stellung nehmen.
Geprüft werden nach wie vor interne wie auch externe Kandidatinnen und Kandidaten, wobei das Nominationskomitee, das vom Ingenieur Bruno Basler präsidiert wird, im kommenden September darüber befinden wird, ob die Gespräche mit externen Anwärterinnen und Anwärtern weitergeführt werden sollen. Aktuell sind mindestens vier Kandidatinnen oder Kandidaten im engeren Rennen, sowohl Männer als auch Frauen; darunter auch Nichtschweizer.
Affinität zur Schweiz zwingend
Damit wären die Zielvorgaben erfüllt, die sich Verwaltungsratspräsident Andreas Utermann vor einiger Zeit gesetzt hatte, als er beispielsweise bei einem Mediengespräch in Lausanne erklärte, aus einer vielfältigen Anzahl an potenziellen CEOs auswählen zu können, und dabei namentlich auch Frauen sowie Personen in die engere Wahl zu nehmen, die neben ihrer Internationalität ebenso mit der hiesigen Kultur absolut vertraut seien.
Der Vontobel-Verwaltungsratspräsident räumte damals auch ein, dass dadurch die Auswahl geschmälert werde, da gewisse angelsächsische Kandidaten, die keine Affinität zur Schweiz hätten, nicht in Frage kämen. Doch aufgrund der starken Position der alteingesessenen, Zürcher Besitzerfamilien bei Vontobel sei der Schweiz-Konnex zwingend. Von der Familie sitzt denn auch Björn Wettergren im Nominationsausschuss, und die zweite direkte Vontobel-Vertreterin, Maja Baumann, hat sich schon verschiedentlich für eine starke «Frauenbestimmung» eingesetzt, wie intern zu hören ist.
Neuer Name
Umgekehrt machten bereits unmittelbar nach der Ankündigung von Staubs Rücktritt im vergangenen Mai einige interne Namen als potenzielle Nachfolger die Runde, darunter tatsächlich auch eine Frau – die aktuelle Investmentchefin Christel Rendu de Lint, eine Schweizerin –, sowie Thomas Heinzl, derzeit Finanz- und Risikochef; auch der langjährige Wealth-Management-Verantwortliche, Georg Schubiger, gilt immer mal wieder als potenzieller CEO.
Ein gänzlich neuer Name im Reigen um die Staub-Nachfolge ist Marko Röder (Bild oben), der bereits seit 17 Jahren im Sold von Vontobel steht. Er gilt als «Vertriebsmann», dessen Verdienst es unter anderem war, sämtliche Vontobel-Finanzprodukte international verkaufen zu können. Als Head of Asset Management Client Unit verantwortet er eine Abteilung, welche die Teams für die Kundenbeziehungen, den Kundenservice sowie für die Produkte und Lösungen in den Regionen EMEA, Amerika und Asien/Pazifik umfasst. Ausserdem ist er seit 2021 Mitglied des Global Executive Board von Vontobel.
Mit Auslandserfahrung
Vor seinem Antritt bei Vontobel war er in London für den Asset Manager M&G sowie für die Rating-Agentur Standard & Poor’s tätig. Von 1998 bis 2000 war er zudem Senior Consultant für Asset-Management- und Corporate-Banking-Kunden bei Andersen Consulting in Frankfurt, Amsterdam und ebenfalls London. Insofern bringt er auch die erforderliche Auslandserfahrung mit.
Mit diesem Leistungsausweis rückt Röder zu einem valablen internen Kandidaten für die Nachfolge Staubs heran, während gleichzeitig sich offenbar die Erfolgschancen für Rendu de Lint schmälern, wie intern zu hören ist. In der Regel spricht einiges für eine interne Lösung, wenn ein Unternehmen gewisse Schwierigkeiten bekundet, wie das nun bei Vontobel der Fall. Eine solche Person kennt den «Laden» und muss sich entsprechend nicht erst «einrichten».
Mehr liefern
Für eine kurze Zeit sind nun indessen die Chancen der externen Anwärterinnen und Anwärter noch intakt; doch das dürfte sich in den nächsten zwei Wochen ändern, damit Vontobel höchst wahrscheinlich im Oktober Staubs Nachfolger oder Nachfolgerin bekanntgeben kann. Denn idealerweise sollte das noch vor dem 22. Oktober 2023 erfolgen, damit bei einer Nichtwahl Staubs in den Nationalrat keine neuen Spekulationen entstehen.
Vontobel hat angekündigt, spätestens bis Ende 2023 den oder die Nachfolgerin zu präsentieren. So lange dürfte es indessen nicht dauern, zumal die Devise im Hause lautet: «Underpromise and overdeliver», also weniger versprechen – und mehr liefern.