Das Beratungsunternehmen Accenture sieht für die Schweizer Banken eine Reihe von Herausforderungen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Nähe zum Kunden und die Frage, wie sich die Institute vom Wettbewerb abheben wollen.
Die Rückkehr positiver Zinsen wird das Bankwesen im Jahr 2023 erheblich beeinflussen. Das ist das Fazit einer Studie des Beratungsunternehmens Accenture zu den aktuellen Bankentrends.
Mit der Zinswende ist für die Finanzinstitute eine Ära zu Ende gegangen, in der sie sich hauptsächlich auf Angebote rund um isolierte Produkte konzentriert haben, die auch in einem Niedrigzinsumfeld weiterhin Erträge generieren. Gleichzeitig haben sich damit in den vergangenen Jahren Chancen und Spielräume für neue Anbieter wie Fintechs und Neobanken ergeben.
Nähe zu den Kunden wieder herstellen
Eine der zentralen Punkte, die die Studie herausstellt, ist die Beziehung der Banken zu ihren Kunden. Bei den in der Studie aufgelisteten Trends betrifft dieses Feld gleich mehrere Aspekte. Das digitale Bankgeschäft habe die persönliche Kundenbindung in den letzten Jahren stark eingeschränkt. Jetzt gehe es darum, dass die Banken wieder den Fokus auf die Gesamtheit der Kundenbedürfnisse legen. Bei den Angeboten seien nun personalisierte und vernetzte Produkt- und Dienstleistungspakete gefragt.
Der fehlende menschliche Kontakt habe das Vertrauen der Kundinnen und Kunden untergraben und den Bankwechsel gefördert. So rechnet Accenture etwa 2023 wieder vermehrt mit Investitionen in physische Bankfilialen. Das erfordere auch eine entsprechende Weiterbildung der Mitarbeitenden und auf die Kundinnen und Kunden massgeschneiderte Angebote.
Partner bei der Lösung von Problemen
Auch die durch die Zinswende und das wirtschaftliche Umfeld mit hohen Energiepreisen, steigender Inflation und Konjunktur veränderten Marktbedingungen machen Anpassungen in den Kundenbeziehungen nötig. Für die Banken sind damit die Risiken gestiegen, was sich bereits im vergangenen Jahr mit höheren Rückstellungen für Kreditausfälle gezeigt hat.
Nun müssten sich die Banken jedoch darauf konzentrieren, ihre Kundinnen und Kunden bei der Lösung ihrer Probleme zu unterstützen. «Banken, die so handeln, werden besser abschneiden als ihre Konkurrenten – nicht nur, indem sie Verluste minimieren, sondern auch, indem sie ihre Beziehungen zu wertvollen Kundinnen und Kunden stärken», heisst es in der Studie.
Neue Talentstrategie gefordert
Die flexiblen Arbeitsbedingungen, die sich während der Pandemie etabliert haben, würden im direkten Gegensatz zum traditionellen Arbeitsumfeld einer Bank stehen, heisst es weiter. Mit Blick nach vorn bedeutet das, dass die Banken ihre Talentstrategie anpassen müssen, um den neuen Anforderungen ihrer vorhandenen Mitarbeitenden gerecht zu werden und um weiterhin für neue Talente attraktiv zu bleiben.
Als weitere Trends macht Accenture eine verstärkte Nutzung der im Bankgeschäft anfallenden Daten aus. Diese müssten als Antrieb für alle Aktivitäten einer Bank angesehen werden und nicht als Nebenprodukt. Deren Nutzung und Verwaltung könnte einen echten Mehrwert für das Unternehmen schaffen.
Daneben wird mit einer verstärkten Nutzung von Innovationen und mehr Partnerschaften oder Übernahmen von Fintechs oder Start-Ups gerechnet. Die deutlich tieferen Bewertungen eröffnen hier Spielräume.
Als weitere Trends werden das Metaverse oder die bei manchen Instituten überfälligen Modernisierungen der Kernbankensysteme genannt.