Nach dem Zusammenbruch der CS-Fondspartnerin Greensill ist fraglich, ob das Netz von Versicherungsverträgen für den Schaden aufkommt. Als Testfall gilt ein Prozess in Australien, bei dem für die Grossbank viel auf dem Spiel steht.
Die Anleger der Greensill-Fonds erwartet ein langwieriger Rechtsstreit mit Versicherern und Problemschuldnern, bis sie ihre Gelder zurückholen können. Die Auszahlung hängt davon ab, ob Geld von «schwierigen Schuldnern» eingetrieben werden kann – oder, ob die Versicherer bereit sind, für die von ihnen gedeckten Anleihen zu zahlen. Ohne Geld aus einer dieser beiden Quellen werden die Anleger auf hohen Verlusten sitzen bleiben.
Einschliesslich Cash-Positionen hat die Credit Suisse (CS) bisher mehr als 7 der ursprünglich über 10 Milliarden Dollar an in den Fonds blockierten Vermögen zurückholen können.
Unbeeindruckter Hauptversicherer
Bei den Versicherern spielt die japanische Tokio Marine eine Schlüsselrolle. Der Hauptversicherer der Greensill-Fonds rechnet nicht damit, etwas auszahlen zu müssen. Demnach will er nicht für die Forderungen der CS aufkommen, die mit Greensill-Darlehen in Höhe von 10 Milliarden Dollar verbunden war.
Die Schweizer Grossbank wiederum, welche die Versicherungspolicen als gültig einstuft und die Ansprüche der Versicherer als unbegründet erachtet, geht von bis zu fünf Jahren bis zu einer abschliessenden Entscheidung aus.
Einblick in Gerichtsakten
Tokio Marine und Insurance Australia Group (IAG) waren als Warenkredit-Versicherer für Fonds aufgeführt, die verbriefte Forderungen von Greensill gekauft hatten. Nahezu die gesamte Versicherung, die Greensill für seine Schuldscheine abgeschlossen hatte, stammte von Bond & Credit Company (BCC), einem kleinen australischen Versicherungsunternehmen, das von IAG im Jahr 2019 an Tokio Marine verkauft wurde.
Die britische Zeitung «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) zeigt nach einem Einblick in die Gerichtsakten nun die kritische Beziehung zwischen dem Finanzierer und dem Versicherungsmanager BCC, der 10 Milliarden Dollar an Deckung für das Ausfallrisiko der Lieferkettenkredite von Greensill Capital bereitstellte. Dabei wurde das finanzielle Risiko von den grossen globalen Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen getragen, die hinter BCC standen.
Schaffung eines Präzendenzfalls?
Im Fall der Credit Suisse wurden die von Greensill Capital gewährten Kredite in «Notes» verpackt, die an wohlhabende Kunden verkauft wurden. Die Versicherung sollte diese Endanleger vor Kreditausfällen schützen.
Die Credit Suisse teilte den Anlegern ihres Greensill-Hauptfonds mit, dass die Schuldscheine durch eine Versicherung garantiert seien. Zugleich warnte sie aber, dass die Zahlung möglicherweise nicht «vollständig und rechtzeitig» erfolgen würde, wie aus einem Dokument hervorgeht, das der «Financial Times» vorliegt.
Einige Beobachter sind der Meinung, dass die Credit Suisse das Ergebnis nicht abwarten sollte und die Kunden jetzt entschädigen sollte. Gemäss der Zeitung könnten die Aufsichtsbehörden die Bank jedoch zwingen, mehr Kapital für potenzielle Anlegerverluste zu halten, wenn sie diesen Präzedenzfall schaffen würde.
Testfall in Australien
Die Greensill-Gläubiger richten ihre Aufmerksamkeit nun auf das Verfahren vor dem australischen Bundesgericht, wo eine Reihe von Versicherungsansprüchen der Credit Suisse und anderer Gläubiger zu einem Fall zusammengefasst wurden. Das Verfahren wird weithin als Testfall für die Milliarden Dollar an Greensill-Deckung angesehen. Die Anhörungen vor der Verhandlung sollen im November beginnen.
Ein wichtiger Aspekt des australischen Rechtsstreits ist die Frage, wieweit die Versicherung auch weniger einfache Kredite abdeckt, etwa für künftige Forderungen oder Zahlungen für erwartete Geschäfte, die noch nicht stattgefunden haben.
«Sollte sich herausstellen, dass die Versicherung ungültig ist, wird dies unweigerlich zu weiteren Verzögerungen und Unsicherheiten bei den Rückzahlungen führen», sagte Natasha Harrison, die einige Anleger der CS vertritt, gegenüber der Zeitung.