Ein vielbejubeltes Fintech-Geschäftsmodell ist neuerdings hartem Gegenwind ausgesetzt. Das lässt sich nicht zuletzt beim Branchenprimus beobachten.
Zu Deutsch heisst die Dienstleistung ganz profan Kauf auf Rechnung. Doch Fintech-Firmen, allen voran Klarna, befeuerten über die vergangenen Jahre mit «Buy now pay later» (BNPL) einen der heissesten Trends im Finanzwesen. Das schwedische Startup war 2021 wurde mit einer Bewertung von 46 Milliarden Dollar als das wertvollste Fintech Europas gehandelt; auch in der Schweiz mass man dem neu entdeckten Geschäft ein Milliarden-Potenzial zu.
Am Beispiel von Klarna lässt sich nun auch beobachten, das die junge BNPL-Szene gerade reichlich Gegenwind ausgesetzt ist. Wie die amerikanische Finanzzeitung «Wall Street Journal» (Artikel bezahlpflichtig) erfahren haben will, ist die Bewertung der Vorzeige-Fintechs Klarna auf 6,5 Milliarden Dollar geschrumpft; dies mit Blick auf eine neuerliche Kapitalrunde, die nun deutlich schmaler auszufallen scheint.
Grossinvestoren weniger spendabel
Zu den Sponsoren zählt dabei der Staatsfonds Mubadala des Emirats Abu Dhabi, in der Schweiz unter anderem bekannt als Eigentümer der untergegangenen Falcon Private Bank.
Gleich mehrere Entwicklungen scheinen sich gegen die BNPL-Highflyer verschworen zu haben. Einerseits lässt die Zinswende in den westlichen Volkswirtschaften das Geschäftsmodell deutlich weniger interessant erscheinen. So ist aufgrund der Folgen des Zinserhöhungen mit weniger Konsum zu rechnen, während Preissteigerungen seitens der Anbieter wohl nicht so schnell durchzudrücken sind – schliesslich handelt es sich vor allem um ein Lifestyle-Produkt.
Aus denselben Gründen sitzt das Geld auch bei den Sponsoren nicht mehr so locker; dies ist eine Erfahrung, die derzeit zahlreiche Fintechs machen.
Aufseher platzen in die Party
Inzwischen platzen auch Regulatoren in die schöne neue Welt des Shopping auf Pump. In Grossbritannien etwa will die Regierung dafür sorgen, dass die Branche vertieft abklärt, ob die Schuldner sich die Kredite überhaupt leisten können. In der Schweiz, wo das Bundesgesetz über den Konsumkredit (KKG) relativ starre Vorgaben macht, hat sich die Aufsicht bisher nicht laut zu BNPL geäussert.
Doch auch hierzulande könnte der politische Druck zunehmen. Fast jede sechste Person in der Schweiz lebte im Jahr 2020 in einem Haushalt mit Zahlungsrückstand, wie das Bundesamt für Statistik am Montag mitteilte. Das war noch in Zeiten vor dem sprunghaften Anstieg der Inflation.
In einem Aufsehen erregenden Blog-Beitrag hatte Klarna-Chef CEO Sebastian Siemiatkowski bereits im vergangenen Mai unverblümt auf das schwierige Umfeld hingewiesen und gleichzeitig die Streichung jeder zehnten Stelle im Unternehmen angekündigt. Betroffen von der Massnahme war Recherchen von finews.ch zufolge auch die Schweiz, wo das schwedische Fintech in Zürich gerade ein Büro eröffnet.
Apple kommt auf den Geschmack
Das ist noch nicht alles. Denn gerade jetzt, wo die BNPL-Pioniere schwierigeren Zeiten entgegensehen, klinken sich Mitbewerber mit ganz tiefen Taschen in das Geschäft ein. So hat Apple vergangenen Juni angekündigt, entsprechende Dienstleistungen in den USA anbieten zu wollen. Der Technologie-Riese aus Kalifornien kann dabei auf Millionen bestehender Nutzerinnen und Nutzer zählen, die teils schon die Bezahl-App Apple Pay verwenden. Gut möglich, dass letzterer Dienst mit der Zuschaltung des Kaufs auf Rechnung attraktiver gestaltet werden soll.
Pläne für den Markt hegt offensichtlich auch die führende Neobank Revolut. Sie hat dieser Tage Irland als Testmarkt für eigene BNPL-Dienste auserkoren. In der Schweiz erreicht das britische Fintech Schätzungen zufolge über 400’000 Nutzer mit seiner Bezahl-App. Da Revolut inzwischen auch über Banklizenzen in Europa verfügt, expandiert das Startup mit Macht ins Kreditgeschäft.
Cembra hält an Plänen fest
Auch angestammte Akteure wie die Karten- und Konsumkredit-Spezialistin Cembra Money Bank lassen sich nicht so leicht vom bis dato hoffnungsvollen Markt abbringen. Vergangenen Dezember hatte das Unternehmen angekündigt, das Geschäft künftig zu forcieren.
Das Potenzial für das gesamte Business hierzulande veranschlagte Cembra bis 2025 auf ein Volumen von 3 bis 4 Milliarden Franken. Dass Cembra ein grosses Stück von diesem Kuchen beansprucht, hat sich seither nicht geändert. So erklärte der Bankchef dieser Tage vor den Medien, an der Strategie diesbezüglich werde festgehalten.