Im Kampf um die besten Talente stehen Finanzinstitute in einem harten Wettbewerb mit IT-Riesen wie Google oder Microsoft. Die Folge: Schweizer Banken bauen mehr Arbeitsplätze ausserhalb der Schweiz auf, um den Fachkräftemangel entgegenzuwirken, wie Matthias Thalmann, Unternehmensberater bei Deloitte in Zürich, im Interview mit finews.ch erklärt.


Herr Thalmann, wie entwickelt sich der Stellenmarkt in der Schweizer Bankenbranche?

Insgesamt ist der Arbeitsmarkt im Schweizer Bankensektor recht stabil. Allerdings stellen wir fest, dass die Nachfrage nach bestimmten Funktionen steigt. Wir sehen aber auch, dass die Schweizer Banken mehr Arbeitsplätze ausserhalb der Schweiz aufbauen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Wo haben Banken bei der Suche nach Spezialisten Schwierigkeiten?

Für die Banken ist es wie für andere Branchen: Bestimmte Kapazitäten, beispielsweise im digitalen Bereich, sind sehr begrenzt – und oft konkurrieren die Banken um diese Ressourcen mit den grossen Tech-Konzernen wie Google oder Meta.

«Hier kommt mir das Phänomen ‹the great resignation› in den Sinn»

Im Zuge der Corona-Krise hat die Loyalität zum Arbeitgeber oft gelitten. Springen Banker derzeit vermehrt ab?

Im Wesentlichen haben die Banken die Pandemie sehr gut gemeistert, als es darum ging, ihren Beschäftigten zu signalisieren, dass sie sich für sie einsetzen. Wir stellen jedoch fest, dass einige Menschen im Bankensektor ihre Arbeit generell in Frage stellen. Hier kommt mir das Phänomen ‹the great resignation› in den Sinn, das wir in der ganzen Welt und in allen Branchen als Folge der Pandemie beobachten.

Wie schneiden Schweizer Banken im Kampf um aufstrebende Talente ab?

Trotz einiger Höhen und Tiefen haben sie im Allgemeinen immer noch einen guten Ruf. Das bedeutet, dass es für sie einfacher ist, Talente zu gewinnen. 

Welches sind die grössten Herausforderungen, denen sich die Banken bei der Rekrutierung stellen müssen?

Die richtigen Talente für ihre zukünftigen Projekte zu gewinnen, insbesondere in den Bereichen Agilität, Digitalisierung und Nachhaltigkeit.

Wie können Banken auf diese Herausforderungen reagieren?

Die Arbeitnehmenden von heute wollen eine Arbeit, die sinnstiftend ist und Flexibilität bietet. Zudem suchen sie nach interessanten Projekten und nach Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln.

Wo gibt es am meisten Stellen zu besetzen?

Die meisten Jobs, die besetzt werden, sind Stellen rund um die digitale Transformation der Banken. Aber es gibt auch einen Bedarf an Fähigkeiten in den Bereichen Cyber-Sicherheit, Nachhaltigkeit und Agilität.

«Der Bedarf an klassischer Schalterarbeit wird abnehmen»

In welchen Bereichen wird tendenziell abgebaut?

Da Privatkunden immer mehr digitalisierte Lösungen wünschen, wird der Bedarf an klassischer Schalterarbeit abnehmen.

Wie entwickeln sich die Löhne?

Die Gehälter auf dem Schweizer Markt scheinen konstant zu bleiben. Wir stellen jedoch fest, dass die Banken zunehmend versuchen, Fachexperten auf der ganzen Welt zu rekrutieren. Das könnte sich auch auf die Schweizer Gehälter auswirken.


Matthias Thalmann ist als Partner im Bereich Human Capital Consulting von Deloitte in Zürich tätig und verfügt über mehr als 17 Jahre Erfahrung in der internationalen Unternehmensberatung. Er unterstützt globale und lokale Kunden, mehrheitlich aus der Finanzdienstleistungsbranche, und konzentriert sich dabei auf die Umsetzung und Optimierung von Personalstrategien, -programmen und -dienstleistungen.