Ein 35-jähriger Händler hat der Deutschen Bank den wohl einträglichsten Deal seit der Finanzkrise beschert. Am Anfang stand ein Investment in eine marode Reederei.
Die Reederei Zim hatte nach dem Zweiten Weltkrieg einst Überlebende des Holocaust nach Israel transportiert. 2014 steckte sie selber in den schlimmsten Nöten: Damals mussten die Gläubiger dem israelischen Schiffahrtsunternehmen einen Schuldschnitt gewähren. Auch danach blieb das Geschäft von Zim aufgrund der weltweit tiefen Frachtpreise unter Druck.
Was Mark Spehn (Bild unten) nicht daran hinderte, ab 2016 für rund 100 Millionen Dollar Anleihen und andere Schuldpapiere der Reederei, die dem israelischen Milliardär Idan Ofer mehrheitlich gehört, zusammenzukaufen. Spehn, damals noch keine 30 Jahre alt, arbeitet im Handel der Deutschen Bank als Spezialist für «distressed debt». So heissen im Jargon Anleihen von Firmen, die sich in einer Notlage befindet.
(Bild: Linkedin)
1 Milliarde Dollar in Sicht
Unter diesen Umständen Millionen in Zim-Schulden zu pumpen und auch noch Aktien des maroden Unternehmens aufzukaufen, war dennoch eine gewagte Wette für den Jungbanker.
Aber eine, die sich nun auszahlt. Und wie: laut einem Bericht der Agentur «Bloomberg» (Artikel bezahlpflichtig) könnte die Deutsche Bank damit in den nächsten Wochen und Monaten bis zu 1 Milliarde Dollar einnehmen. Investmentbanker Spehn, 35 Jahre alt, ist in seinem Metier schon jetzt ein Star. Gegenüber «Bloomberg» wollte er sich nicht äussern.
Mit dem «Zim-Trade» zeichnet sich die lukrativste Spekulation für die Deutsche Bank ab, seit deren Händler vor der Finanzkrise von 2008 gegen den Boom der Subprime-Hypotheken in den USA gewettet hatten.
Frachtraum so knapp wie selten
Damit verdiente das Institut damals rund 2 Milliarden Dollar – auch auf Kosten der Schweizer Grossbank UBS, die sich verspekulierte und letztlich vom Schweizer Steuerzahler gerettet werden musste. Der Autor Michael Lewis hat dieser Episode im Bestseller «The Big Short» zur Unsterblichkeit verholfen. Das Buch ist 2015 unter demselben Titel verfilmt worden.
Der Grund, warum die Quelle Zim für die Deutschbanker nur so sprudelt, ist in den Folgen der Coronakrise zu suchen. Die Pandemie hat weltweit Lieferketten unterbrochen und zu enormen Nachhol-Effekten geführt. In der Folge ist Frachtraum auf Schiffen so knapp wie selten zuvor. Das hat die Frachtpreise ab Mitte 2020 auf mehr als das Dreifache ansteigen lassen, wie die Agentur weiter berichtete. Reedereien wie Zim, die in der Krisenlage noch Schiffe stellen konnten, schwammen plötzlich im Geld.
Banker nehmen Gewinne mit
Weitere Unsummen werden ihnen nun hinterhergeworfen. Seit die Reederei vergangenen Januar an die Börse gegangen ist, hat sich der Kurs der Zim-Aktie verdreifacht. Das Unternehmen hat inzwischen angekündigt, für 2021 eine Sonderdividende auszuzahlen.
Die Deutsche Bank hingegen nimmt nun Gewinne mit. Das Institut hat Anfang Juni Aktien im Wert von 90 Millionen Dollar verkauft. Das Geldhaus sitzt – neben den Bonds – auf einem Aktienpaket, das aktuell 645 Millionen Dollar Wert ist.