Mit der Preisexplosion von Kryptowährungen wie dem Bitcoin steigt der Druck auf Vermögensverwalter, diese ins Angebot zu nehmen. Auch in der Schweiz ist das laut einer Studie mit starken Gefühlen verbunden.
«Fear of missing out» – die Angst, etwas zu verpassen, dürfte eine wichtige Rolle bei der gegenwärtigen Hausse von Kryptowährungen spielen. Wer schaut Elon Musk, dem (ehemals) reichsten Mann der Welt, schon gerne zu, wie er Milliarden von Dollar in Bitcoin investiert – und bleibt selber untätig?
Entsprechend steigt der Druck von Kunden auf ihre Privatbanken und Vermögensverwalter, doch endlich Token und Coins ins Angebot aufzunehmen.
Eine Handvoll Pioniere
Das weckt in der Branche starke Gefühle, wie eine Studie der Beratungsfirma Aite von Ende 2020 zeigt. Dazu befragten die Berater unter anderem elf hiesige Privatbanken zur ihrer Einstellung gegenüber Digitaldevisen; schon damals wiesen die Kurse wichtiger Kryptowährungen wie Bitcoin und Ether steil nach oben. Doch die Bankchefs waren in ihrer Stimmung tief gespalten, wie Aite berichtet.
Entweder, sie liebten Krypto. Oder sie hassten es. Dazwischen, so der Befund, gab es wenig Positionen.
Dabei wäre die Schweiz laut der Beratungsfirma in diesem neuen Geschäft in bester Ausgangslage, gleichsam in der «pole position». Dafür sorgen Broker und Digital-Asset-Manager wie Bitcoin Suisse und Crypto Finance, Verwahrungsspezialisten wie Taurus und Custodigit, sowie seit 2019 die ersten Kryptobanken Sygnum und Seba.
Nicht zu vergessen sind die diversen angestammten Banken, die sich als Pioniere hervortun: etwa Swissquote, Maerki Baumann und natürlich die mit ihr verbundene Backoffice-Bank Incore, Vontobel und Julius Bär, die Arab Bank (Switzerland) und neuerdings Bordier, im Liechtensteinischen die Bank Frick.
Angst vor krummen Touren
Hinzu kommt ein Gesetzgeber und eine Aufsichtsbehörde, die sich gegenüber Krypto-Geschäftsmodellen aufgeschlossen zeigen, sowie mit SIX eine Finanzmarktinfrastruktur-Betreiberin, die an einer eigenen Börse für digitale Anlagen arbeitet.
Doch die Ängste, so zeigt sich, sitzen tief. Insbesondere befürchten die «Bitcoin-Hasser» unter den Bankern, dass sie über Kryptowährungen in krumme Geschäfte und Geldwäscherei verwickelt werden.
Aus einer Risiko-Rendite-Perspektive spricht einiges für diese Sichtweise: Währen die weltweit von Vermögensverwaltern betreuten Investments Ende 2019 geschätzte 89’000 Milliarden Dollar betrugen, hatten Digitalwährungen daran nur eine Anteil von 0,2 Prozent (der Anteil dürfte seither an Gewicht gewonnen haben).
Ein kleines Geschäft, so scheint es, um seine ganze Reputation aufs Spiel zu setzen.
Vorteil für die Privatbanken
Hingegen gelangt die Studie zum Schluss, dass Privatbanken, wenn sie sich aktiv um Digitalwährungen bemühen würden, gar einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Fintechs hätten: Sie sind deutlich stärker reguliert, als es das Minimum für Krypto-Dienstleistungen erfordert, und können damit gegenüber der Kundschaft mit Sicherheit auftrumpfen.
Inzwischen liegen auch die technischen Voraussetzungen vor, um via Schnittstellen den Umgang mit den neuartigen Anlagen in die Wertschriften-IT der Geldhäuser zu integrieren (siehe Grafik unten).
Auf globaler Ebene erwarten die Aite-Berater dennoch keine sprunghaften Veränderungen im Private Banking. Ihnen zufolge wird die Hassliebe weiter dafür sorgen, dass die Integration von Bitcoin & Co in die Vermögensverwaltung nur langsam vorankommt.
Bis 2030, so ihre Voraussage, werden nicht mehr als 15 Prozent aller Anbieter Digitalwährungen im Angebot führen. Fürs Swiss Banking gleichzeitig eine Gelegenheit, etwas schneller zu sein.