In der Korruptions-Affäre um die brasilianische Ölfirma Petrobras hat die Bundesanwaltschaft bereits an die 40 Verfahren eröffnet. Nun geht sie gegen die Genfer Banque Cramer & Cie vor.
Die Bundesanwaltschaft hat eine Untersuchung gegen die in Genf beheimatete Banque Cramer & Cie eröffnet. Diese bestätigte die Behörde gegenüber dem Westschweizer Recherche-Portal «Gotham City» und der Agentur «AWP». Die Ermittler der Bundes werfen der Bank eine mangelhafte interne Organisation vor, die es zugelassen habe, dass es zu Geldwäsche beim Institut gekommen sei.
Die Vorwürfe stehen in Zusammenhang mit dem gewaltigen Petrobras-Odebrecht-Fall rund um die staatliche brasilianische Ölfirma. Mutmasslich steckten Chefs des Energiekonzerns Millionen von Dollar in die Taschen von Politikern, um im Gegenzug lukrative Aufträge zu erhalten.
Brennpunkt Lugano
In der internationalen Korruptionsaffäre spielt die Schweiz eine wichtiges Rolle; die Bundesanwaltschaft arbeitet deswegen seit 2014 mit den brasilianischen Strafbehörden zusammen und hat an die 40 Verfahren eröffnet, darunter auch gegen die Banken J. Safra Sarasin und PKB.
Laut dem Bericht von «Gotham City» steht insbesondere die Cramer-Niederlassung in Lugano im Fokus der Ermittlungen; die Bank gehört der Genfer Beteiligungsgesellschaft Norinvest.
Konten via Offshore-Gesellschaft
Die mutmasslichen Vergehen reichen einige Jahre zurück. Wie die britische «Financial Times» ursprünglich im Jahr 2015 aus Akten zitierte, hatten 2011 ein Ex-Petrobras-Manager und mehrere Brasilianer mit Verbindungen zum Ölkonzern Cramer-Banker in Italien getroffen. Im Nachgang der Verabredung eröffnete eine Offshore-Gesellschaft, deren Nutzniesser jener Ex-Petrobras-Kader war, Konten bei Cramer.
Die britische Zeitung schrieb damals, dass die Institute HSBC Schweiz, Pictet, Lombard Odier, Julius Bär und eben Cramer in den Fall verwickelt seien.
In der Transformation
Aus KYC-Akten, die dem Portal ebenfalls vorliegen, geht offenbar hervor, dass die Bank bei jenem Kunden keine Geldwäscherei-Risiken erwartete. Vielleicht deshalb, weil es sich um keine politisch exponierte Person handelte. Doch derselbe Kader gab später gegenüber Strafbehörden zu, Bestechungsgelder auf Konten von sieben verschiedenen Schweizer Banken transferiert zu haben.
Auch Vorgesetzte des Ex-Kaders unterhielten via Offshore-Gesellschaften Konten bei Cramer, so der Bericht weiter.
Fürs Genfer Institut kommen die Ermittlungen zu einem reichlich ungünstigen Zeitpunkt. Cramer arbeitet an einem Komplettumbau des Geschäftsmodells und wechselte letztes Jahr die gesamte Geschäftsleitung aus. Im ersten Halbjahr 2020 hat die Bank nun in die schwarzen Zahlen zurückgefunden.