Noch unter Gottstein hat die CS in der Schweiz ihrerseits eine Digitaloffensive gestartet. Vergangenen August kündigte sie eine Direct-Banking-Sparte an, um den digitalen Absatzkanal zu forcieren. Offenbar schwebt den Machern des Projekts ein «freemium»-Modell mit tieferen Gebühren vor, um Neukunden zu gewinnen. Doch es ist fraglich, ob damit der neuen Konkurrenz wirksam und vor allem schnell genug Paroli geboten werden kann.
Laut dem CS-Schweiz-Manager Serge Fehr bleiben den Banken noch drei Jahre, um auf die Bedrohung durch die Neo-Banken zu reagieren. Doch vielleicht ist Fehr zu optimistisch.
Hypothek als Massengut
Derweil bröckelt das Retailgeschäft nicht nur bei den Zahlungen. Mit dem Direct Banking der CS und einem geplanten Projekt bei der UBS geben die beiden grössten Schweizer Banken stillschweigend zu, dass die Hypotheken-Vergabe zum Plattform-Geschäft wird. Die für die Banken auch im Tiefstzins-Umfeld lukrativen und in der Kundenbindung unschätzbaren wichtigen Kredite werden zum Massengut.
Vorgemacht hat dies ein weiteres Fintech: Der Schweizer Online-Hypothekenvermittler Moneypark, der sich in Besitz des Versicherers Helvetia befindet. Über die Moneypark-Plattform wählt der Gläubiger unter zahlreichen Anbietern aus – wobei zunehmend Versicherer und Pensionskassen das Rennen machen, die aus regulatorischen Gründen die Banken beim Hypozins unterbieten können.
Vorerst sind auch das nur Nadelstiche. Noch halten die Banken weit über 90 Prozent aller ausstehenden Hypotheken. Doch im Neugeschäft sieht es anders aus. Bei Moneypark geht dort jede dritte Hypothek an den Banken vorbei, die Plattform selber ist auf dem Weg, ein Volumen von 3 Milliarden Franken zu vermitteln.
Hektik in der Nische
Nicht von ungefähr setzen UBS, CS, die Postfinance (mit Valuu) und auch Regionalbanken wie die Valiant mit eigenen Plattformen zum Konter an: Wenigstens beraten wollen sie den Kunden noch selber.
Die Gegenangebote der Banken gewinnen mittlerweile auch im Komissionsgeschäft an Fahrt. Während das so genannte Robo-Advisory in der Schweiz zuletzt einen schweren Stand hatte, wird das private Vorsorgesparen in der dritten Säule von immer mehr digitalen Akteuren als attraktive Nische angesehen: Newcomer ist dort etwa die Zürcher Kantonalbank, die dieser Tage ein digitales Säule-3a-Angebot ankündigte – und nebenbei mit den gängigen Preismodellen «aufräumen» will.
Herauffressen zu den Millionären
Das Volumen in der dritten Säule ist mit geschätzten 120 Milliarden Franken durchaus respektabel – doch die wirkliche Gefahr für die etablierten Banken und Vermögensverwalter lauert woanders.
Fintech-Herausforderer wie Revolut oder N26 und die Schweizer Neon könnten demnächst beginnen, über den Zahlungsverkehr hinauszublicken und ihrem schnell wachsenden Kundenstamm digitale Investment-Lösungen anzubieten – und sich von dort aus «heraufzufressen». Als erstes könnten sie mit ihrem Angebot die grosse Schicht der vermögenden Kunden (Affluents) erreichen und sich danach an die Millionäre herantasten.
Die Lust am Zerstören
Damit wäre dann auch die Königsdisziplin des Swiss Banking erreicht, das Private Banking. Nicht von ungefähr will die UBS im Ausland dazu übergehen, vermögenden Kunden mehr Standardlösungen anzubieten. Das Direct Banking der CS soll sich ebenfalls in die Vermögensverwaltung erstrecken. Derweil tüftelt die Fondssparte der Grossbank an eigenen Investment-App für Retailkunden.
Fraglich ist, ob die Banken damit aus der Defensive herauskommen. Der Erfolg von Revolut und Moneypark hat gezeigt, dass Bankkunden durchaus zum Wechsel bewegt werden können. Die etablierten Akteure haben noch dazu zwei gewichtige Nachteile im Kampf gegen die neue Konkurrenz: Sie digitalisieren auf gewachsenen Strukturen – und während die Herausforderer mit Lust altes Business zerstören und Geld verbrennen, frisst jede Modernisierung an der Gewinnbasis der Banken.
Marktanteile gewinnen in der Schweiz – das dürfte für die CS auch unter der neuen Ära Gottstein kaum einfacher werden.
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