Das Ausscheiden aus einer wichtigen Rolle beim grössten Börsengang der Welt ist ein Rücksetzer für Investmentbank der Credit Suisse. Nun hat sie aber in kurzem Abstand zwei Milliarden-Mandate an Land geholt.
Für die zuletzt darbende IBCM-Sparte (Investment Banking Capital Markets), die noch dazu einen Chefwechsel erlebte, wäre es der Befreiungsschlag gewesen: Die Credit Suisse (CS) war beim weltgrössten Börsengang, jenem des staatlichen saudi-arabischen Ölkonzerns Aramco, in führender Position mit dabei. Laut Medienberichten sollte der Mega-IPO den beratenden Finanzhäusern bis zu 450 Millionen Dollar in die Kassen spülen.
Es ist jedoch beim Konjunktiv geblieben. Denn die Saudis haben den Börsengang jüngst redimensioniert und dabei vor allem den Heimmarkt in Nahost berücksichtigt. Damit brauchte es die internationalen Häuser für die Platzierung der Aktien nicht mehr in der Menge: Die CS verlor ihre Aufgaben als «Global Coordinator», ebenso wie US-Konkurrenten wie J.P. Morgan und Morgan Stanley.
Als einzige Grossbank an der Seite von Charles Schwab
Ein tiefe Kerbe im Renommee, die das zweitgrösste Finanzhaus der Schweiz in den letzten Tagen aber wenigstens teilweise auszuwetzen vermochte: Die CS-Investmentbank erhielt nämlich gleich bei zwei Grosstransaktionen den Zuschlag, welche die Konkurrenz nur zu gerne in der eigenen Pipeline gewusst hätte.
So sind die Schweizer bei einem 26-Milliarden-Dollar-Deal dabei, bei dem alle anderen Grossbanken draussen bleiben mussten. Die CS berät den amerikanischen Broker Charles Schwab bei der Übernahme des Lokalkonkurrenten TD Ameritrade. Auf diese Weise entsteht in den USA ein neuer Vermögensverwaltungs-Riese mit 5'000 Milliarden Franken Vermögen.
Mit im Boot sind bei der Transaktion nur noch die kleineren New Yorker Investmentbank-Boutiquen PJT Partners und Sandler O’Neill & Partners. Wie das britische Branchenportal «Financial News» berichtete, katapultiert die Transaktion – wenn sie glückt – die Schweizer Grossbank in den viel beachteten «League Tables» der Branche nach vorn. Im globalen Ranking des Analysehauses Dealogic figuriert die CS-Investmentbank derzeit auf dem neunten Platz.
Noch ein Beziehungsdelikt
Wie sich zeigt, ist der Zuschlag bei Charles Schwab ein «Beziehungsdelikt». Die CS war vergangenen Juli schon als alleiniger Finanzberater beim Kauf der USAA Investment Management Company an der Seite von Charles Schwab; immerhin eine Akquisition im Wert von 1,8 Milliarden Dollar. Ebenfalls begleiteten die Schweizer den Broker jüngst bei Anleihen-Emissionen in der Höhe von Hunderten Millionen Dollar.
Langfristige Beziehungspflege dürfte den Schweizern dieser Tage auch in China viel geholfen haben. Als einzige ausländische Grossbank ist die CS in der Doppelrolle als «joint sponsor» und «joint coordionator» bei der Zweitkotierung des chinesischen Online-Handelsgiganten in Hongkong mit von der Partie gewesen.
Zum Handelsstart vom (gestrigen) Dienstag legten die Titel dort um mehr als 6 Prozent zu, was als geglücktes Debut gelten darf. Mit der Zweitkotierung hat Alibaba laut der Agentur «Reuters» mindestens 11,3 Milliarden Dollar eingenommen – die Höhe der Gebühren zuhanden der CS ist nicht bekannt.
Dabei hatte die CS schon im Jahr 2014 die Finger beim IPO von Alibaba in New York im Spiel. Die CS agierte damals ebenfall in einer Lead-Position, das chinesische Unternehmen sammelte 25 Milliarden Dollar ein und setzte einen neuen Rekord.
Die Magie des Zahlenzauberers
Architekt der Bande zu Alibaba war bei der CS der Investmentbanker und «Zahlenzauberer» Imran Khan gewesen, der mit dem Alibaba-Börsengang zum Superstar avancierte und die Grossbank inzwischen verlassen hat. Khan hatte dabei schon früh Beziehungen zur Führungs-Crew von Alibaba geknüpft und diese über Jahre weg eng begleitet. Als Leiter des CS-Investmentbankings in San Francisco konnte er dann 2014 die Ernte einfahren.
Damit zeigt sich, wie wichtig langfristige und persönliche Beziehungen zu Unternehmern und Managern sind, wenn Banken Milliarden-Deals landen möchten. Dies muss die Führung der CS rund um CEO Tidjane Thiam im Auge behalten, wenn sie am 11. November in London vor die Investoren tritt. Beobachter gehen davon aus, dass dort ein weiterer Umbau der Investmentbank zur Sprache kommen wird.