Die Glarner Kantonalbank, eine der digitalsten Banken der Schweiz, stellt sang- und klanglos ihre Robo-Advisor ein. Welche Lehren lassen sich aus dem Fehlschlag ziehen?
Als die Glarner Kantonalbank (GLKB) vor gut vier Jahren ihren «Investomat» einführte, war dies bereits der vierte «-mat», welchen die Staatsbank als digitales Angebot lancierte. Der Robo-Advisor war das gewagteste digitale Projekt der GLKB, lag sie mit diesem Angebot doch ziemlich weit abseits von ihrem Kerngeschäft mit Hypotheken und Sparern.
Doch CEO Hanspeter Rhyner wurde in den Medien als «Macher» gefeiert, der hinten im «Zigerschlitz» den Innovationszug im Schweizer Banking anführte. finews.ch kürte die GLKB gar zweimal hintereinander zur digitalsten Bank der Schweiz.
Keine garantierte Erfolgsformel
Und nun dies: Der Investomat streicht die Segel. Zu wenig Kunden, zu wenig Marktanteile und keine Trendwende in Sicht lautete die Begründung der GLKB. Das Fazit spiegelt die Ernüchterung einer ganzen Branche: In Deutschland hat eine massive Konsolidierung bei den Robo-Advisors eingesetzt. Unter anderem musste auch das Fintech Werthstein aufgeben – notabene lief dieser Robo-Advisor mit derselben Technologie aus dem Zürcher Anbieter Additiv wie der Investomat der GLKB.
Die Bank hat ihre Digitalstrategie damit nicht etwa als Gesamtes in Frage gestellt – sie gehört nach wie vor zu den Vorreiterinnen in der Schweiz. Doch das Ende eines der ersten Robo-Advisors der Schweiz zeigt, dass eine digitale Bankenkultur mit digitalen Dienstleistungen keineswegs als garantierte Erfolgsformel für das Banking der Zukunft gelten können.
Insbesondere der Bereich Robo-Advisor liefert hervorragendes Anschauungsmaterial für die Denk- und Konzeptionsfehler, welche in der Branche weiterhin gemacht werden.
1. Fehler: Digitales Angebot trifft auf keine Nachfrage
Was insbesondere auch die GLKB mit ihrem «Investomaten» nicht bedacht hatte: Die Kunden kommen nicht von allein. Ein digitales Angebot von «Null» aufzubauen ist für einen allein stehenden Robo-Anbieter ein höchst schwieriges Unterfangen, fehlt ihm doch Marke, Reputation und vor allem eine vorhandene Kundenbasis. Der GLKB fehlte all dies auch: Als Vermögensverwalter hat das Institut keinen Namen, keine Ausstrahlung und mit einer potenziellen Kundschaft von rund 40'000 Glarnern ist der Pool für angehende Robo-Kunden schlicht zu klein.
2. Fehler: Die Kundenakquisitionskosten werden massiv unterschätzt
Die fehlende Kundenbasis für ein digitales Angebot liesse sich mit einem entsprechenden Marketingbudget aufbauen. Doch diese Ausgaben würden die totalen Akqusitionskosten pro Kunde in schwindelnde Höhen steigen lassen.
Und diese Kosten kontrastieren mit dem Anspruch eines Angebotes, welches die gängigen Vermögensverwaltungsgebühren deutlich unterbieten soll. Die Branche rechnet mit Akquisitionskosten pro Kunde von rund 1'200 Franken. Teuer ist vor allem das Onboarding und die Kundenprüfung nach der «Know your Customer»-Regel. Anhand der nächsten Hürde, der Breakeven-Punkt für einen Kunden, zeigt sich der nächste Fehler mit Robo-Advisors.
3. Fehler: Der Robo-Advisor-Kunde hat kein Geld
Die Vorstellungen der Branche waren blauäugig: Kunden würden angesichts der digitalen und günstigen Angebote ihre Millionen aus den Privatbanken abziehen und einem Robo-Advisor anvertrauen. Von der Skalierbarkeit des Geschäfts war die Rede: Während sich die Kosten pro Neukunde nur geringfügig erhöhen, steigen die Einnahmen überproportional. Doch der Kunde spielt nicht mit: Im Durchschnitt verwalten Robo-Advisors gerade mal 24'000 Franken pro Kunde. Damit verdient ein Anbieter pro Kunde jährlich etwa 100 Franken. Der Breakeven-Punkt pro Kunde liegt damit irgendwo im Bereich von zehn Jahren – eine Ewigkeit.
Die Lehren, welche daraus zu ziehen sind:
1. Ohne bestehende Kundenbasis geht nichts
Diese Lehre musste beispielsweise der Schweizer Robo-Advisor Truwealth umsetzen und ging bereits vor drei Jahren eine Kooperation mit der Basellandschaftlichen Kantonalbank an. Solche Kooperationen bieten den Vorteil, eine bestehende Kundenbasis anzapfen zu können und somit die Akquisitionskosten zu senken. In Deutschland konnte der erfolgreichste Robo-Advisor Scalable Capital nur abheben, weil er mit der ING Diba eine Zusammenarbeit eingegangen ist.
2. Hybrid – und sonst nichts
Der komplett «self directed» Robo-Advisor steuert am Kundenbedürfnis vorbei. Kunden wollen Beratung, wenn sie eine brauchen. Da kann der Robo-Advisor noch so smart sein. Darum bieten heute praktisch alle erfolgreichen Robo-Advisor oder digitalen Wealth Manager auch Beratungsdienstleistungen auf Abruf an.
3. Auf das Kundenbedürfnis abzielen
Die Vorteile, welche Robo-Advisors gegenüber traditionellen Vermögensverwaltungen ausspielen können, sind: Flexibilität, Transparenz und Kosten. Wo «Robos» diese Vorteile am besten ausspielen können, ist zumindest in der Schweiz der Vorsorgebereich, sprich in der Säule 3a.
So lancierte das VZ Vermögenszentrum schon lange vor der «Robo-Welle» für Vorsorge-Kunden eine günstige Anlagelösung mit standardisierten ETF-Portfolios, die auch automatisch angepasst werden. Viac ist ein weiteres erfolgreiches Schweizer Beispiel für ein Robo-3a-Angebot. Warum es hier funktioniert, liegt einerseits am langen Anlagehorizont, den Vorsorgekunden in der Regel haben. Andererseits kommt bei der Langfristigkeit der Kostenvorteil gegenüber den herkömmlichen Bankenlösungen viel deutlicher zum Tragen.