Der Fall liegt offenbar bereits mehr als ein Jahr zurück. Doch für die britische Neo-Bank Revolut, die bereits seit mehr als zwei Jahren auf eine Banklizenz im Vereinigten Königreich wartet, dürfte der Reputationsverlust gravierender sein als der materielle Schaden.
Ein Fehler im Zahlungssystem von Revolut in den USA hat es Kriminellen ermöglicht, im vergangenen Jahr über mehrere Monate hinweg mehr als 20 Millionen Dollar zu stehlen. Der finanzielle Schaden entstand dabei der Bank selbst. Kundengelder seien nicht betroffen gewesen, wie die «Financial Times» unter Berufung auf Kreise berichtet.
Der Systemfehler habe auf den Unterschieden zwischen den europäischen und US-amerikanischen Zahlungssystemen beruht. Das habe dazu geführt, dass Revolut bei der Stornierung bestimmter Transaktionen fälschlicherweise Kosten erstattete und eigenes Geld überwies.
Insgesamt seien so rund 23 Millionen Dollar gestohlen worden. Ein Teil konnte durch die Verfolgung einiger betrügerischer Transaktionen wieder zurückergeholt werden. Der Nettoverlust beträgt demnach etwa 20 Millionen Dollar. Das entspreche fast zwei Dritteln des Nettogewinns im Jahr 2021, so die Quellen weiter.
Problem erst durch Hinweis von Partnerbank erkannt
Erstmals sei das Problem Ende 2021 aufgetreten und sei dann von Kriminellen schubweise in immer grösserem Umfang ausgenutzt worden. Die Systeme von Revolut hätten den Massenbetrug nicht erkannt. Das Problem kam erst ans Licht, als eine Partnerbank in den USA das Fintech-Unternehmen darüber informierte, dass es weniger Bargeld als erwartet hielt, heisst es weiter.
Revolut habe den Vorfall bisher nicht öffentlich bekannt gegeben. Doch damit dürfte das Fahrwasser der Bank, die seit zwei Jahren auf eine Banklizenz in Grossbritannien wartet, nicht ruhiger werden. In jüngster Zeit war es zu einer Reihe von hochrangigen Abgängen im Management gekommen. So sind etwa der Chef der britischen Bank James Radford und der Finanzchef Mikko Salovaara gegangen.
Die britische Finanzaufsichtsbehörde Financial Conduct Authority hat eine unabhängige Überprüfung der Revolut-Strategien zur Verhinderung und Aufdeckung von Finanzkriminalität im Jahr 2020 angeordnet.
Zweifel an Bilanz
Zudem läuft bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO derzeit eine eingehende Prüfung der Bilanz. Die Prüfer warnten, dass die Einnahmen von Revolut «wesentlich falsch angegeben» worden sein könnten. Man sei nicht in der Lage gewesen, sich von der Vollständigkeit von etwa zwei Dritteln der für 2021 angegebenen Einnahmen zu überzeugen.
Revolut, die auch in der Schweiz als Neobank aktiv ist, wurde 2015 in Grossbritannien gegründet und hat 2018 eine «Spezialisierte Banklizenz» in Litauen erhalten.