Es ist die eine Aufgabe von Privatbanken, die ihnen am meisten Mühe bereitet: Das Gewinnen von neuen Kunden. Zwei Autoren haben sich aufgemacht, ein Erklärstück in die Welt zu setzen.
Privatbanken haben vier Möglichkeiten, ihren Kundenstamm auszuweiten. Entweder durch das Kaufen einer anderen Bank, durch das Abwerben von Kundenberatern, die Akquisition von Neukunden oder durch die Empfehlung bestehender Kunden.
Die Integration einer anderen Bank in die eigene Unternehmensstruktur kann aber komplex und langwierig sein, während im Schnitt nur zwischen 10 und 20 Prozent der Kundschaft mit einem Berater zusammen die Bank wechseln und Empfehlungen kein Garant für neue Kunden sind.
Darum haben der Ex-CEO der Dresdner Bank (Schweiz), Franz Lerdo, und der Bankenberater Oliver Becker (Bild unten, v.l.n.r.) im «Private-Banking-Magazin» eine Anleitung verfasst, wie die Akquise von Neukunden zum Erfolg wird.
Alte Erfolgsrezepte
Es sind keine neuen Ideen, die Lerdo und Becker lancieren. Doch dass diese heute noch immer zum Erfolg führen, zeigt in Anbetracht der oftmals verzweifelten Suche nach Neukunden, dass eine Auffrischung nicht schaden kann.
Die Akquise besteht laut den Autoren aus einem Mix aus folgenden Komponenten:
- Eine fokussierte Strategie auf Zielgruppen und Märkte
- Struktur, Prozesse und Systematik, die den Rahmen für das zu entwickelnde Akquisitionsmodell vorgibt
- Ein Targeting-Konzept, welches definiert, welche Massnahmen, wie, womit und wann umgesetzt werden
- Eine funktionierende IT, die den gesamten Akquisitionsprozess von A bis Z unterstützt
- Point-of-Sale-Materialien, also relevante Marketingtools, die im Rahmen des Akquisitionsprozesses eingesetzt werden (digital/online und Print) sowie Eventformate, die auf die Zielgruppen zugeschnitten sind
- Empathische Kundenbetreuer, ausgestattet mit einer Offenheit gegenüber Innovationen, Sorgfalt, Beharrlichkeit, höflicher Hartnäckigkeit und einer Prise Glück
Die Methode ist wichtig
Doch wie kriegt man denn nun tatsächlich neue Kunden? Die Autoren empfinden es als sehr hilfreich, die Kontakte von potentiellen Kunden – Adressen aus der Kalt-Akquise – nach dem sogenannten AKIK-Prinzip zu ordnen.
Da wird zwischen Adressen, Kontakten, Interessenten und Kunden unterschieden. Aus den Adressen werden mittels persönlichen Kontakt eben Kontakte, die durch die Unterbreitung eines Angebots zu Interessenten werden, die dann im besten Fall der Kundschaft beitreten.
Keine Plattitüden
Besonders wichtig ist der Schritt zwischen den Adressen und den Kontakten, weil man sich in diesem Stadium noch nicht persönlich kennt. Darum kommt es vor allem auf die Art und Weise der Kontaktaufnahme an, da die potentiellen Kunden einen Anruf nicht als Belästigung empfinden sollen.
Laut den Autoren muss die Ansprache eines Neukunden «im Minimum halbwegs das Interesse des Empfängers ansprechen und im maximalen Fall dessen ungeteilte Aufmerksamkeit erreichen», damit die Botschaft verstanden wird. Darum seien Briefe ohne Profil, Social-Media-Kontaktversuche ohne konkreten Anlass oder mit platten Attitüden ebenso wirkungslos wie grundlose Anrufe mit der Bitte um einen Termin.
Prozesse mit System
Damit auch genügend Erstgespräche zustandekommen, kann es für eine Bank sinnvoll sein, die Kundenberater – die sowas sowieso nicht gerne tun – mit Tätigkeiten wie zum Beispiel Telemarketing oder Kunden per E-Mail anschreiben nicht alleine zu lassen, sondern dafür eine Abteilung aufzubauen, die sich ausschliesslich damit befasst.
Laut den Autoren hat sich der sogenannte «Big-Ticket-Prozess» bewährt, der vom Kundenberater automatisch ausgelöst werden muss, wenn er auf einen potentiellen Kunden stösst, dessen Anlagevolumen einen bestimmten Bereich – im Beispiel 3 Millionen Euro – übersteigt.
Dann werde als erstes der ganze Fall strukturiert aufbereitet und mit Spezialisten aus zentralen Funktionen in einer Telefonkonferenz diskutiert, wobei mögliche Szenarien entwickelt würden. Dann würden die Aufgaben mit einer klaren Deadline vergeben und zum Kundentermin hin ein geeignetes Pitching-Team zusammengestellt.
Mit solchen systematischen Arbeitsweisen sei es möglich, die Abschlusswahrscheinlichkeit um satte 20 Prozent zu erhöhen. Das kann den Unterschied zwischen einem neuen Kunden und keinem neuen Kunden ausmachen.