Die Credit Suisse muss im australischen M&A-Geschäft ambitionierte Ziele erreichen. Dafür rekrutierte sie teures Personal. Ein Top-Banker ist nun allzu ehrgeizig, und der Chairman steht unter politischem Beschuss.
Australien ist das Land der Dealmaker: Hier pflegen Investmentbanker enge Beziehungen nicht nur untereinander. Sie gehören vielfach auch zum Netzwerk wichtigster Exponenten aus Wirtschaft und Politik – was gelegentlich zu Überlappungen führen und entsprechend auch für Interessenkonflikte sorgen kann.
Gleichzeitig feiern die Medien manche Top-Dealmaker wie Stars ab. Das kann durchaus angenehm sein, sich bisweilen aber auch als Bumerang erweisen – besonders in Australien.
Gerüchteküche brodelt
Ein solcher Bumerang diese Woche auf die Credit Suisse (CS) nieder, nachdem bekannt geworden war, dass Michael Stock, Head of Investment Banking Australia, das Schweizer Geldhaus in Downunder nach nur 16 Monaten Knall auf Fall wieder verlassen hatte.
Oder eher verlassen musste? Die Gerüchteküche brodelt, seit auch noch bekannt ist, dass John Knox, der CS-Chef für Australien und Neuseeland, die Mitarbeiter höchst persönlich über die Personalie Stock orientiert hat.
Spannungen zwischen Alphatieren
Alsbald bildeten sich Lager mit den entsprechenden Interpretationen für Stocks Ausscheiden, wie «The Australian» (Artikel bezahlpflichtig) schreibt. Stock hätte es auf Knox' Job abgesehen gehabt. Es habe schon länger Spannungen zwischen den beiden Alphatieren gegeben. Stock habe mehr Autonomie für die Führung der Investment Bank verlangt, seit unter ihm die Geschäfte angezogen hätten.
Das Gegenlager behauptet, Stock habe sich mit seinem Managementstil unmöglich gemacht. Er sei kein Teamplayer und für die Rolle als Chef ungegeeignet gewesen.
Schwächen im laufenden Jahr
Stock war 2015 zusammen mit Simon Cox von der UBS zur CS gelotst worden, um das Kapitalmarkt- und vor allem das M&A-Geschäft zu verstärken. «Wir sind sehr optimistisch in unseren Prognosen. Der M&A-Zyklus hat erst begonnen», hatte Knox damals zu Protokoll gegeben.
Tatsächlich war 2016 ein starkes Jahr für Fusionen und Übernahmen in Australien gewesen – und Stock hatte geliefert. Das laufende Jahr hat sich bislang als umso harziger erwiesen.
Ultrakompetitiv und extrem detailversessen
Die M&A-Erträge in den australischen Investmentbanken sind dieses Jahr durchs Band gesunken, auch bei der CS. Dennoch heisst es, die Schweizer Bank habe unter Stock selbst in sinkenden Märkten noch Geschäftsanteile hinzugewonnen.
Die «Australian Financial Review» (Artikel bezahlpflichtig) führte Stock in der diesjährigen Liste der «Power-Broker» auf und beschrieb ihn als «Banker, den man an der eigenen Seite haben möchte: kompromisslos, ultrakompetitiv und extrem detailversessen». Trotzdem wollte die CS ihn nicht mehr auf ihrer Seite haben.
Auch der Chairman unter Beschuss
Mitten in diesen Trubel um den Abgang von Stock platzte eine weitere Nachricht herein: John O' Sullivan (Bild unten), Chairman der CS Australien, zog seine Kandidatur als Chef der Australian Securities & Investments Commission zurück. Grund dafür war ein Angriff aus dem Lager der Labor-Opposition.
Chris Bowen, der Finanzminister des Schattenkabinetts der Opposition in Australien, hatte O'Sullivan in einem Schreiben persönlich angegriffen und die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde in Frage gestellt, sollte der CS-Chairman dort das Zepter übernehmen. Der Hintergrund: O'Sullivan ist ein enger Freund von Australiens Premierminister Malcolm Turnbull und hat auch für seine Wahlkampagnen gespendet.