Was wollen die Bankkunden wirklich? Performance, tiefe Kosten oder nur Substanzerhalt? Selbst das ist unklar und setzt die Schweizer Vermögensverwalter vor grosse Herausforderungen.
Man könnte annehmen, dass das Streben nach Wertvermehrung der wichtigste Grund überhaupt wäre, weshalb Wohlhabende ihr Geld einem Vermögensverwalter anvertrauen. Doch dem ist erstaunlicherweise (noch) nicht so, wenn man einer neuen Umfrage des US-Finanzgiganten Blackrock Glauben schenkt.
Denn offenbar betrachten nur 29 Prozent der 200 befragten Personen in der Schweiz mit einem durchschnittlichen Vermögen von 1,6 Millionen Franken die Performance als wichtigstes Kriterium bei der Wahl eines Vermögensverwalters.
Gebrannte Kinder
Daraus lässt sich entsprechend ableiten, dass den Schweizern der Substanzerhalt ihres Vermögens wesentlich wichtiger ist. Umso mehr, als sich viele Anleger in der Finanzkrise und in den Krisen zuvor gehörig die Finger verbrannt hatten. Fazit: Diese «gebrannten Kinder» sind vorsichtig geworden und investieren risikoscheu.
Hinzu kommt, dass sich viele Anleger in wirtschaftspolitisch unsicheren Zeiten, wie sie derzeit herrschen, lieber auf der sicheren Seite wähnen und folglich durchaus bereit sind, auf etwas Performance zu verzichten. Interessant dabei: Der Franken als stabile Währung profitiert davon.
In diesem Kontext ist auch der sehr hohe Anteil an Bargeld zu verstehen, den viele Privatinvestoren auf ihren Konten halten. Laut Umfrage beläuft sich dieser Anteil auf gut 30 Prozent – und dies nicht erst seit heute.
Und selbst wenn die Banken Negativzinsen auf privaten Sparguthaben erheben sollten, würden sich immer noch mindestens 10 Prozent der Befragten nicht davon abhalten lassen, ihr Bargeld auf dem Konto zu behalten, wie aus der Erhebung weiter hervorgeht. Fast die Hälfte der befragten Personen würden sich indessen nach einer Alternative umschauen.
Blosse Lippenbekenntnisse
Doch genau hier hapert es. Denn gut 40 Prozent der vermögenden Privatpersonen nicht offenbar unzufrieden mit der Art und Weise, wie sie von ihrem Berater betreut und beispielsweise über makroökonomische und geopolitische Entwicklungen und deren potenzielle Auswirkungen auf ihr Portfolio informiert werden. Das macht einen allfälligen Bankwechsel nicht einfacher. Und es zeigt auch, dass die Kundenbedürfnisse bei vielen Finanzinstituten nach wie vor nicht die oberste Priorität geniessen.
Aus der Umfrage geht weiter hervor, dass sich die Vermögensverwalter auf einen Gesinnungswandel bei ihren Kunden einstellen müssen. Denn mochte die Performance, wie eingangs erwähnt, bisher eine untergeordnete Rolle gespielt haben, so steigen nun die Erwartungen.
Sprich, der Kunden will etwas für sein Geld. In diesem Licht versteht sich auch die erhöhte Sensibilität der Kunden in Sachen Gebühren. Mittlerweile spielen diese Kosten bei mehr als 40 Prozent der Befragten eine wichtige Rolle, nachdem es im Vorjahr lediglich 27 Prozent gewesen waren.
Eine neue Welt tut sich auf
Kosten und Performance – das sind zwei Faktoren, die für viele Schweizer Finanzinstitute in der Vergangenheit keine besonders wichtige Rolle spielten. Die einheimischen Kunden stellten lange Zeit keine hohen Ansprüche an ihre Bank, profitierten von stetig steigenden Wertpapierkursen sowie von einem harten Franken gegenüber allen anderen Währungen.
Die ausländische Klientel suchte Schweizer Geldhäuser auf, um einerseits ebenfalls vom stabilen Franken, von der hiesigen Expertise der Mitarbeiter, aber auch vom Vorteil der Steueroptimierung zu profitieren. Vor diesem Hintergrund waren den Kunden die dabei anfallenden Gebühren mehr oder weniger egal – ebenso die Performance.
Diese Situation hat über die Jahrzehnte dazu geführt, dass die Schweizer Banken in Sachen Performance und Kosten im internationalen Vergleich selten konkurrenzfähig waren. Doch mit dem faktischen Ende des Schweizer Bankgeheimnisses, der weiteren Globalisierung und dem Anspruch auf Transparenz müssen sich nun auch die hiesigen Banken dem Wettbewerb stellen.
Dabei erhalten die Schweizer Finanzinstitute nicht nur von ausländischen Banken Konkurrenz, sondern auch von Fintech-Firmen, die heutzutage Kundenvermögen ebenfalls sehr effizient und zum Teil höchst lukrativ verwalten können.