Der Schweizer Finanzinfrastruktur-Konzern Six sucht einen neuen Chef. Das Kandidatenkarussell dürfte dabei in eine ganz bestimmte Richtung drehen, wie Recherchen von finews.ch ergaben.
Der da geht, ist mit seiner Amtszeit selber nicht rundum zufrieden. «Ich hatte höhere Ansprüche» oder «das ist nicht gelungen», resümierte Urs Rüegsegger (Bild unten) unlängst über seine neun Jahre an der Spitze der Schweizer Finanzinfrastruktur-Gruppe Six.
Die Übernahme ausländischer Börsen, das Outsourcing für Banken in grossem Stil und nicht zuletzt die Gründung einer «Superbank» für den Finanzplatz: Das ist unter der Ägide des ehemaligen Chefs der St. Galler Kantonalbank tatsächlich nicht gelungen.
Willkommener Zustupf
Hingegen kann sich der 55-Jährige Rüegsegger die Grossfusion von Schweizer Börse SWX, dem Finanzdienstleister Telekurs und der Abwicklungsgesellschaft SIS auf die Fahne schreiben. Ebenso die Expansion im Payment-Geschäft sowie den Umzug der Six ins Zürcher Westquartier.
Und nicht zuletzt hat die Gruppe seit 2008 über 1,6 Milliarden Franken an Dividenden an ihre rund 130 Eignerbanken ausgeschüttet – ein höchst willkommener Zustupf in turbulenten Zeiten.
Erste Runde durch
Jetzt gilt es, jenes gemischte Erbe anzutreten. Rüegsegger übt sein Amt noch bis Ende des Geschäftsjahres 2017 aus. Bis dahin muss ein Nachfolger gefunden sein.
Wie im Umfeld der Six-Gruppe zu vernehmen ist, wurde eine erste Runde der Kandidatensuche eben abgeschlossen. «Die Suche nach einem neuen CEO für die Six kommt nach Plan voran», heisst es bei der Börsenbetreiberin auf Anfrage. Es bestehe kein Zeitdruck.
Indes, noch ist kein Nachfolger für Rüegsegger bestimmt. Hingegen gab es erste Absagen, so jene des Six-Swiss-Exchange-Leiters Christoph Landis, wie auch finews.ch berichtete.
Kniffliges Mandat
Laut mehreren Quellen wurde der Personalvermittler Egon Zehnder mit der Chefsuche beauftragt, die sowohl intern wie extern läuft. Die Six wollte dies nicht bestätigen. Eine Antwort von Egon Zehnder steht dazu noch aus.
In Headhunter-Kreisen spricht man von einem kniffligen Mandat. Dies einerseits, weil wohl nicht damit zu rechnen ist, dass der Six-Verwaltungsrat plötzlich auf Expansionskurs umschwenkt. Das schreckt Überflieger genau ab.
Anderseits hat sich laut Personalexperten das Suchfeld verengt. Ein Kantonalbanker wie es Rüegsegger war, komme nicht mehr infrage, geben sie zu bedenken. Künftig seien neben Erfahrungen im Finanzbusiness unbedingt vertiefte IT-Kenntnisse vonnöten. Denn die Six will eine Schlüsselrolle bei der Digitalisierung des Schweizer Finanzplatzes übernehmen.
Die Stunde der IT-Chefs
Nicht von ungefähr erwarten Headhunter, dass nun – falls die Six nicht im Ausland fündig wird – die Stunde der Informatik- und Digitalchefs in den grösseren Schweizer Banken schlägt. Das rückt gestandene IT-Manager wie Stefan Arn (Bild unten) in den Fokus.
Der Informatikchef der UBS-Vermögensverwaltung in Europa, Nahost und Afrika gilt als einer der besten seines Fachs und wäre Personalvermittlern zufolge ein Wunschkandidat. Allerdings fragt sich, ob ihn die Grossbank einfach so ziehen lässt.
Aushängeschild der Fintech-Szene
Im selben Atemzug fällt der Name von Andreas Kubli. Der charismatische Digitalisierungs- und Multichannel-Leiter der UBS Schweiz gilt als Aushängeschild der Schweizer Fintechszene und könnte die Innovation bei der Six sicherlich kompetent vorantreiben.
Möglich auch, dass erstmals ein branchenfremder Kandidat am Ende das Rennen macht. Wie im Umfeld der Börsenbetreiberin zu vernehmen ist, wird das Technologie-Know-how offenbar so stark gewichtet, dass sogar ein «reiner IT-ler» die Gunst des Verwaltungsrats erringen könnte.
Beim Telekomanbieter Swisscom, mit dem die Six etwa im Payment-Bereich zusammenarbeitet, und der es im Banken-Outsourcing zum «heimlichen Riesen» gebracht hat, ist Ende Juli Geschäftskunden-Chef Christian Petit gegangen. Denkbar, dass der Romand bei der Six ein Comeback versucht.
Oder doch ein Interner?
Genauso denkbar ist es allerdings auch, dass der Six-Verwaltungsrat zwingend Geschäftsleitungs-Erfahrung für den neuen CEO fordert. Das würde für Finanzexperten wie etwa den Investmentbanker Stephanino Isele (Bild unten) sprechen, finden Headhunter. Isele leitet bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB) die Geschäftseinheit Institutionals & Multinationals und sitzt in der Generaldirektion des Staatsinstituts. Exekutiverfahrung bringt auch Michael Hölzle mit, der Anfang 2014 als operationeller Leiter des Zürcher Fintechunternehmens Leonteq ausschied.
Schliesslich könnte die Six doch zum Schluss kommen, einen Internen zu befördern. Nach der Absage von Landis kann sich Jürg Weber Chancen ausrechnen. Der Ex-McKinsey-Berater leitet seit 2015 mit der Payment-Sparte das am schnellsten wachsende Geschäft der Gruppe.
Eben erst durfte er das Terminal-Geschäft der Schweizer Konkurrentin Aduno übernehmen. Ein Zukauf, für den die Six nach Medienberichten fast 100 Millionen Franken locker machte.
Unter den Augen der Grossbanken
Ziemlich sicher ist hingegen, dass die Grossbanken bei der CEO-Kür besonders genau hinschauen werden. UBS-Chef Sergio Ermotti hat die Six kürzlich öffentlich kritisiert.
Der Tessiner gilt als ein Verfechter der «Superbank» – ein Mammutprojekt, das die Six bisher nicht angepackt hat. Entsprechend könnte dies vom neuen Chef verlangt werden.
Viel Einfluss
Über den nötigen Einfluss dazu verfügt die Grossbank. Die UBS stellt mit Sabine Keller-Busse die Vizepräsidentin der Börsenbetreiberin, die zudem dem Nominationskomitee für den CEO vorsteht.
Als Präsident der Six amtet derweil Romeo Lacher – bis letzten Februar stand er im Sold der Credit Suisse.