Eine der traditionsreichsten deutschen Privatbanken bietet Kunden mit 10'000 Euro Vermögensverwaltung an. Stephan Rupprecht, Partner von Hauck & Aufhäuser, sagt im Interview mit finews.ch, warum.
Als die 220 Jahre alte Frankfurter Privatbank Hauck & Aufhäuser vergangenen Mai das Fintech-Startup Easyfolio kaufte, schaute die Privatbankenszene genau hin. Easyfolio ist ein Online-Billiganbieter von Anlageprodukten.
Der ehemalige UBS-Private-Banker Stephan Rupprecht ist Partner von Hauck & Aufhäuser. Im Interview mit finews.ch spricht er über das «alte» und «neue» Banking und warum die Zeit im traditionellen Private Banking reif ist, Entscheidungen bezüglich Fintech zu treffen.
Herr Rupprecht, was ist der Gewinn von Easyfolio für ihr Haus Hauck & Aufhäuser?
Wir erhalten völlig neue Einblicke, wie schnell und kreativ Private Banking sein kann – in Verbindung auch mit einem extrem transparenten Kostenmodell. Hauck & Aufhäuser hat praktisch alle Dienstleistungen outgesourct. Wir machen nur noch die reine Vermögensverwaltung – alles andere ist bei Drittanbietern. Das Resultat ist ein sehr wettbewerbsfähiges Angebot für unsere Kunden, was die Kosten, die Qualität und die Schnelligkeit angeht.
Wie ist Easyfolio in der Privatbank integriert?
Gar nicht. Es sind zwei voneinander getrennte rechtliche Einheiten. Das lassen wir auch so. Das bedeutet, dass ein Kunde von Hauck & Aufhäuser ein Easyfolio-Produkt im Prinzip auch bei einer Sparkasse kaufen könnte. Wir definieren Private Banking, indem wir vermögenden Kunden dank unserer Beratungskompetenz und der direkten Umsetzung einer Anlageempfehlung einen Mehrwert bieten.
«Wir orientieren uns mehr in Richtung Retail.»
Easyfolio bietet hingegen die Möglichkeit, sehr einfach und sehr kostengünstig Geld anzulegen. Durch diese Trennung sehen wir auch keine Gefahr der Kannibalsierung oder Verschmelzung.
Wie vergleichen sich die durchschnittlichen Kundenvermögen ihrer Privatbank mit jenen von Easyfolio?
Wir haben festgestellt, dass seit der Übernahme das durchschnittliche Kundenvermögen bei Easyfolio leicht gestiegen ist auf rund 10'000 Euro.
Und bei Hauck & Aufhäuser?
Bei uns sind Kunden ab rund 500'000 Euro willkommen. Wir haben die bewusste Entscheidung getroffen, uns etwas mehr in Richtung «Retailisierung» zu orientieren. Wir glauben, dass wir in diese Kundschaft eine Aktienkultur einbringen und eine breitere Käuferschaft erreichen können. Das ist auch das Ziel.
Das heisst, Sie versprechen sich dadurch auch mehr Wachstum?
Unser Wachstumsmotor sind in erster Linie die Weiterempfehlungen unserer Kunden. Aber es stimmt: Wenn ich mir die Anzahl Kontoeröffnungen ansehe, dann hat Easyfolio unser Wachstum wesentlich beschleunigt.
Wie soll sich die Akquisition auszahlen?
Wir haben natürlich unsere Vorstellungen und auch die entsprechenden Businesspläne. Aber das steht momentan nicht im Vordergrund. Mit Easyfolio haben wir nun einen der drei bekanntesten Namen Deutschlands im Roboadvisor-Bereich. Damit erfüllen wir schon mal unseren Anspruch in Bezug auf Marktanteile. Da wollen wir unter den ersten drei sein.
Was empfehlen Sie Privatbanken im Umgang mit Fintech?
Ich bin nicht in der Position, Empfehlungen abzugeben. Für uns war entscheidend, dass wir glauben, der Fintech-Markt wird sich in den kommenden zwei bis drei Jahren stark sortieren. Vielleicht werden dann noch nicht die Marktanteile bestimmt sein, doch in diese Richtung wird es laufen. Darum haben wir Easyfolio in diesem Jahr gekauft.
«Dann kann es teuer werden.»
Wir sehen, dass im Fintech-Markt viel Bewegung ist und bereits um Marktanteile gekämpft wird. Daran wollten wir uns beteiligen. Hätten wir damit drei Jahre gewartet, würden wir einem Zug hinterher laufen, der den Bahnhof längst verlassen hat. Und dann kann es teuer werden.
Wieviele Leute beschäftigt Easyfolio?
Es sind drei Leute. Sie arbeiten nicht in den Räumlichkeiten von Hauck & Aufhäuser, sondern extern. Das soll so bleiben. Wir wollen alles tun, damit sie ihre Kreativität und Unabhängigkeit beibehalten.