Die Bank Julius Bär kommt unter ihrem umtriebigen CEO Boris Collardi nicht zur Ruhe. Das zeigt sich nun einmal mehr mit einer weiteren Reorganisation, die neue Leute nach oben spült, andere wiederum vergrault.
Offenbar nicht ganz zu unrecht, hat finews.ch in der Vergangenheit verschiedentlich CEO Boris Collardi unterstellt, eine unklare oder kaum nachvollziehbare Strategie zu fahren. Das zeigt sich nun erneut. Es entstehen fünf Regionen (darunter neu Europa sowie Emerging Markets), gleichzeitig werden manche Dienste (zum Beispiel das Intermediaries-Geschäft) in die neue Struktur integriert. Warum ein dermassen grosser Umbau nötig ist, bleibt unklar.
So kommt unweigerlich der Eindruck auf, dass Collardi unter einem gewissen Zugzwang gehandelt hat. Denn offenbar bekundeten manche «seiner Leute» erhebliche Mühe mit gewissen Veränderungen im Hause, seit der im letzten Jahr angetretene Schweiz-Chef Barend Fruithof begonnen hatte, dem Unternehmen wieder mehr Schwung zu geben.
Doch nun geht er. Er war am Dienstag für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Tiefe Meinungsdifferenzen
Dass sich jemand nach so kurzer Zeit von seinem Arbeitgeber wieder abwendet, lässt auf tiefe Meinungsdifferenzen schliessen – im vorliegenden Fall umso mehr, als dass Fruithof in der kurzen Zeit bei Julius Bär tatsächlich einiges anpackte und bereits erste Erfolge verbuchen konnte.
Er holte sehr gute Leute an Bord, schärfte das Profil der Bank hierzulande und setzte klare Ziele für seine Geschäftseinheit – was selbstverständlich nicht allen im Hause gefiel und es Collardi vermutlich auch einfacher machte, auf Fruithof zu verzichten.
Kein Zweifel, CEO Collardi ist an vielen Fronten unter Druck, auch auf Grund des ohnehin schon eingetrübten Finanzmarkt-Umfelds, was wiederum darauf hindeutet, dass der Aktienkurs wenig Luft nach oben hat. Dabei wäre Collardi ganz besonders darauf angewiesen. Doch vor dem Hintergrund, dass auch das Neugeld vorläufig nicht üppig spriessen wird, ist die Lage umso angespannter.
Enge Vertraute
So unternimmt Collardi der Not gehorchend und einmal mehr aus lauter Umtriebigkeit eine weitere Reorganisation; er umgibt sich noch enger mit seinen Vertrauten wie Yves Robert-Charrue, Rémy Bersier, Gustavo Raitzin, Gian A. Rossi und Nic Dreckmann. Umgekehrt nimmt er dafür einige gewichtige personelle Abgänge in Kauf.
Erstaunlich auch, dass der vor Jahresfrist in die Schweiz zurückbeorderte Asien-Chef Tom Meier im Zuge dieser jüngsten Restrukturierung keine leitende Funktion erhalten hat.
Eine neue Struktur hat zumindest einen eindeutigen Vorteil: Sie erschwert es, Vergleiche mit der Vergangenheit anzustellen.